SN.AT / Leben / Karriere

Studienbeginn: Den Uni-Schock erleiden fast alle

Wenn die Kinder studieren gehen, ist das wie ein Sprung aus dem Nest. Wie man die Hürden und Fallstricke beim Beginn des Studiums meistert.

Studentenwohnheime sind aufgrund der Teuerung extrem nachgefragt: Man lebt in einer Community von Gleichaltrigen.
Studentenwohnheime sind aufgrund der Teuerung extrem nachgefragt: Man lebt in einer Community von Gleichaltrigen.

Eltern müssen die Trennung verkraften, die flügge gewordenen Jungerwachsenen, die eben noch die Schulbank gedrückt haben, müssen einen neuen Lebensabschnitt meistern. Das könne Angst machen und verunsichern, erklärt die Psychologin und Psychotherapeutin Kathrin Wodraschke von der Studierendenberatung der Universität Wien. "Es ist ein ganz großer Übergang von der Abhängigkeit in die Selbstständigkeit und Autonomie. Gerade war man noch zu Hause, hat den Service und den Schutz der Familie genossen, und jetzt geht man in eine neue Stadt, muss sich eine neue Wohnung suchen, einen neuen Freundeskreis aufbauen. Einige genießen das, die sind froh, dem behüteten Dasein zu entkommen. Für viele ist das aber eine große Herausforderung", so Wodraschke. Man ist beim akademischen Lernen komplett auf sich gestellt und weil auch das Hotel Mama wegfällt, heißt es "selbst einkaufen, selbst kochen, selbst Ordnung halten".

"Aufschieberitis" ist großes Problem von Studierenden

In der großen studentischen Freiheit macht sich nicht selten ein weitverbreitetes, unangenehmes Phänomen bemerkbar: das Prokrastinieren - eine Vermeidungshaltung, bei der man die Arbeit ewig vor sich herschiebt und unter negativen Gefühlen leidet. Die "Aufschieberitis" sei "ein ganz großes Problem, es ist unser Kernthema", sagt Psychologin Wodraschke. "Viele fangen dann in letzter Minute an, die Dinge zu erledigen. Dann werden Nächte durchgemacht, man trinkt literweise Kaffee, nimmt Sachen zum Aufputschen und Munterbleiben."

Studienanfängerinnen und -anfänger: Praktische Tipps für Struktur, Selbstdisziplin und Selbstwirksamkeit

Es gelte, in kleinen, mitunter mühsamen Schritten Struktur, Selbstdisziplin und Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Praktische Tipps dazu: Man sollte sich einen Semesterplan machen, der realistisch ist, und möglichst frühzeitig mit dem Lernen beginnen. Alles, was ablenkt, am besten abstellen - an oberster Stelle das Handy und die sozialen Medien. "Am besten ist es, das Handy konsequent für zwei, drei Stunden abzuschalten und sich abzuschotten. Man kann sich einen fixen Lernplatz suchen, die Bibliotheken sind heute angenehme, schön gestaltete Orte, wo man sich konzentrieren und ungestört denken kann", rät Wodraschke. Studienanfängerinnen und -anfänger versuchten anfänglich meist, die Dinge allein zu bewältigen - auch sie seien in den psychologischen Beratungsstellen der Universitätsstandorte Wien, Graz, Innsbruck, Salzburg, Linz und Klagenfurt willkommen, so die Expertin (www.studentenberatung.at).

Wie man sich auf der Hochschule und im neuen soizalen Umfeld zurechtfindet

Das Internet ist mittlerweile voll von (oftmals kostenpflichtigen) Coaching-Angeboten und Tipps. Der Tenor der Ratschläge und Empfehlungen: Der anfängliche Uni-Schock ist normal, die Nervosität und Unsicherheit legen sich, und spätestens nach zwei Semestern ist man kein "Ersti" mehr.

Onlineportale, wie studieren.at, geben viele praktische Anleitungen, wie man sich an der Hochschule und im neuen sozialen Umfeld zurechtfindet. Auch die Vertretungen der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH) bieten Beratung und Informationen auf Augenhöhe, zu bürokratischen Themen (Studienförderung, Studienbeitrag, Prüfungen, Studierende aus dem Ausland) ebenso wie zu Jobs und Wohnungsangeboten.

So listete die Jobbörse der ÖH Salzburg zuletzt 571 "Studijobs" auf, die heute interessanter sind denn je. Gesucht werden etwa Nachhilfelehrer (bis zu 25 Euro Stundenlohn), eine technische Assistenz bei den Festspielen, eine geringfügige Mitarbeit in einer psychologischen Praxis oder beim Rupertikirtag. Ein heimischer Bankkonzern bietet ein anspruchsvolles Praktikum in der Abteilung Datenmanagement, Firmen suchen Zahntechniker, Handwerker in Teilzeit, Hotels brauchen Verstärkung für die Rezeption.

Mangelware: Günstiger Wohnraum für Studierende

Während junge Menschen heute mit Handkuss von Arbeitgebern genommen werden, ist die Grundversorgung mit günstigem Wohnraum eingebrochen. Das einst günstige private Untermietzimmer und die Studenten-WG sind unter die Räder der Inflation und Immobilienspekulation geraten, die Preise sind explodiert. So werden in Salzburg für ein möbliertes Kabäuschen von zwölf Quadratmetern monatlich 480 Euro verlangt, eine Garçonnière an der St.-Julien-Straße kostet 1000 Euro. Eine stylishe 65-Quadratmeter-Wohnung, zwei Schlafzimmer, Balkon, in Aigen kann um 1900 Euro als Zweier-WG genutzt werden. WG-Zimmer sind kaum noch unter 600 Euro zu haben und wenn eine Bettstatt um 375 Euro frei wird, ist es ein 1,85 Meter schmaler Schluf von acht Quadratmetern Größe (boersen.oeh-salzburg.at).

Zwischendurch finden sich ein paar Angebote mit sozialem Hintergedanken. So sucht eine Mutter in Wien über das schwarze Brett der ÖH (www.schwarzesbrett.oeh.ac.at) eine "liebevolle Mitbewohnerin für meine Tochter (33 Jahre), die 6 Monate nach ihrer Promotion eine Hirntumor-OP hatte, mit einer Gedächtnisstörung als Folge. Ein 22-jähriger englischsprechender Junge ist als Mitbewohner fix." Für die stundenweise Unterstützung der kranken Tochter - "keine Pflegearbeit" - können die jungen Mitbewohner kostenlos "in einer sehr schönen Dachgeschoßwohnung im 4. Bezirk" wohnen. Am anderen Ende der Fahnenstange steht purer Luxus: Ein renoviertes historisches Haus im 14. Bezirk in Wien, 148 Quadratmeter, drei Schlafzimmer, Jacuzzi, wird um 2499 Euro Miete angeboten, ohne Betriebskosten.

Plätze in Studentenwohnheimen sind extrem gefragt

Die astronomischen Preise bescheren den gemeinnützigen Wohnbauträgern indes einen neuen Boom. "Wir merken heuer eine extrem starke Nachfrage, wir sind fast ausgelastet, haben nur noch einige Restplätze", schildert Valerija Karsai, Vorständin der Stuwo Studentenwohnbau AG, die österreichweit 4000 Heimplätze mit jedem erdenklichen Komfort anbietet. Die Häuser haben Fitnessräume, schalldichte Musikräume, teilweise sogar mit Klavier, ruhige Studierräume, moderne Geschoßküchen, eine regelmäßige Reinigung, eine Heimleitung als Ansprechpartner.

"Das Studentenheim ist heute ein komfortables Sorglospaket."
Valerija Karsai
Vorständin, Stuwo AG

Die häufigste Wohnform im Studentenheim sei eine Zweier-WG mit zwei Einzelzimmern, gemeinsamem Bad und Kitchenette, so Stuwo-Chefin Karsai. "Dass zwei Fremde sich wie früher ein Zimmer teilen, das haben wir gar nicht mehr." Die Preise - früher ab 350 Euro - sind im Zuge der Energiekrise auf 450 bis 550 Euro gestiegen, dafür ist alles enthalten: Energie, Strom, Heizung, ein schnelles WLAN. "Man wohnt unter Gleichaltrigen und Gleichgesinnten in einem Haus. Man hat eine Betreuung und ist nicht gleich ganz weg von Mama und Papa. Das mögen viele unserer Heimbewohner." Es sei eine Art Sorglospaket mit überschaubaren Kosten, meint Valerija Karsai.