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Studium und Beruf als Herausforderung

Gemäß Universitätsgesetz müssen Unis die Bedürfnisse berufstätiger Studierender in Hinsicht auf Lehre und Prüfungen erheben. Laut einer aktuellen Umfrage kämpfen aber mehr als 50 Prozent mit der Vereinbarkeit von Studium und Beruf.

Neben einem Studium zu arbeiten, ist herausfordernd.
Neben einem Studium zu arbeiten, ist herausfordernd.

"Jedes Semester stehe ich vor der Herausforderung, meine Arbeitszeiten an mein Studium anzupassen", beklagt die 23-jährige Sophie die schwierige Vereinbarkeit ihres Masterstudiums mit ihrem Teilzeitjob. Sie studiert im vierten Mastersemester Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg und arbeitet für 20 Stunden als Werkstudentin bei Birkenstock in den Bereichen Content Marketing und Social Media. "Vor allem zu Beginn des Masters war das kaum zu bewältigen. Man hat an mindestens vier Tagen der Woche Unikurse und diese finden meist sehr zerstückelt statt, also einer vormittags, der andere Kurs dann Stunden später am Nachmittag." Ein geringeres Erwerbsausmaß sei keine Option, da sie sich selbst finanziere, sagt Sophie. Ohne die flexiblen Optionen ihres Berufs, der eine hundertprozentige Homeoffice-Tätigkeit zulässt, und ihre verständnisvollen Kolleginnen sei die Teilzeittätigkeit nicht möglich.

Neben einem Studium zu arbeiten ist herausfordernd

Mit der Herausforderung, Studium und Beruf zu vereinbaren, ist Sophie nicht allein. Laut der IHS-Studierendenerhebung 2019, die alle vier Jahre durchgeführt wird, waren zu diesem Zeitpunkt 65 Prozent der Studierenden erwerbstätig, das durchschnittliche Ausmaß lag bei 20,5 Stunden pro Woche. Differenziert wird zwischen jenen, die sich in erster Linie als Studierende bezeichnen und maximal zehn Stunden in der Woche arbeiten (21 Prozent), jenen, die in erster Linie Studierende sind und mehr als zehn Stunden arbeiten, sowie Studierenden, die sich als primär erwerbstätig sehen (22 Prozent). Davon übte mehr als ein Drittel eine studienadäquate Erwerbstätigkeit aus. Die Vereinbarkeitsschwierigkeiten sind im Vergleich zur Vorgängererhebung 2015 zwar gesunken (54 Prozent), aber noch immer gaben 48 Prozent Probleme an. Auch bei der jüngsten, von der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) beauftragten Studierendenbefragung 2022 durch das Institut für empirische Sozialforschung (Ifes) zeigt sich, dass die Hälfte der erwerbstätigen Studierenden nach wie vor Probleme mit der Vereinbarkeit hat und dies als große Belastung empfindet.

Ist Berufstätigkeit neben einem Vollzeit-Masterstudium möglich?

Ein geringfügiger Nebenjob in Handel oder Gastronomie lässt sich gut mit dem Studium vereinbaren. Vielmehr betrifft es die facheinschlägige Erwerbstätigkeit im Masterstudium, die einen reibungsloseren Weg in die Arbeitswelt ebnet. Möchte man in einer studienadäquaten Branche Fuß fassen, so werden die meisten Praktika in einem Erwerbsausmaß von minimal 20 Stunden angeboten. In vielen Branchen ist ein gewisses Pensum an Berufserfahrung die Voraussetzung für eine Fixanstellung. Hinzu kommen finanzielle Probleme, die seit der Teuerungswelle schwer auf Studierenden lasten. Demnach ist für viele zumindest eine Teilzeiterwerbstätigkeit unentbehrlich, um sich finanziell über Wasser zu halten. Aber ist das neben einem Vollzeit-Masterstudium möglich?

Martin Weichbold, Vizerektor für Lehre der Uni Salzburg: "Masterstudien an der Universität sind prinzipiell als Vollzeitstudien konzipiert. Für Berufstätige gibt es spezielle Weiterbildungsprogramme wie die University of Salzburg Business School (SMBS), die aber kostenpflichtig sind." Laut Weichbold versuche man, auf berufstätige Studierende Rücksicht zu nehmen, allerdings sei die Gruppe zu heterogen: "Berufstätige wünschen sich Unikurse am Abend und am Wochenende, aber jene mit Betreuungspflichten können unter der Woche am Vormittag, wenn Kinderbetreuungsstätten geöffnet sind." Es würden zwar Parallelkurse zu diversen Zeiten angeboten, allerdings könne man nicht allen Bedürfnissen gerecht werden. Laut Weichbold ist aber klar erkennbar, dass mit fortgeschrittenem Studienverlauf - vor allem im Master - auch das Ausmaß der facheinschlägigen Erwerbstätigkeit steigt. "In Österreich gelingt der Übergang vom Studium ins Berufsleben außerordentlich gut. In skandinavischen Ländern, in denen Vollzeitstudierende hohe finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten, ist die Absolventenarbeitslosigkeit höher", so Weichbold.

Erleichtert ein erweitertes Onlineangebot die Vereinbarkeit von Studium und Beruf?

Die herausfordernde Vereinbarkeit hat aber für viele Studierende in Österreich die Konsequenz, dass das Masterstudium nicht innerhalb der Toleranzsemester absolviert werden kann und höhere Studiengebühren anfallen. "Berufstätige Studierende sind ja keine faulen Bummelstudenten, welche die Studienzeit absichtlich ausreizen. Hier sollte man differenzierter vorgehen und die Studiengebühren für diese Gruppe bei Überziehung aussetzen." Aber dies sei eine Entscheidung auf politischer Ebene. Auf die Frage, ob ein erweitertes Onlineangebot an der Uni Salzburg nicht eine leichtere Vereinbarkeit ermögliche, meint Weichbold, dass dies "auch kein Allheilmittel ist".

Manuel Gruber, zweiter Vorsitzender der ÖH Salzburg, betont hingegen: "Viele sind nicht nur Studierende, sondern haben auch andere Verpflichtungen. Für sie braucht es ein entsprechendes Onlineangebot."

Die Effizienz von Onlinelehre begründet er so: "Die Prüfungsaktivität ist während der Pandemie massiv raufgegangen. Das liegt natürlich auch im Interesse der Uni, die auf Basis der Studienleistungen finanziert wird." Auch die aktuelle Ifes-Studierendenbefragung bestätigt, dass die digitale Lehre während Corona die Vereinbarkeit von Studium und Beruf wesentlich erleichtert hat - über 60 Prozent der erwerbstätigen Studierenden, allen voran die mindestens Teilzeit Beschäftigten, sind dieser Meinung. Gruber verweist zudem auf das Universitätsgesetz §59 Absatz 3: Laut diesem müssen Unis die Bedürfnisse berufstätiger Studierender in Hinsicht auf das Lehrveranstaltungs- und Prüfungsangebot erheben. Das werde aber nirgends gemacht.