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Lehrling mit Ü40: Karin Krauss hat es gewagt

Die 47-Jährige kündigte ihren Job und lernt seit Herbst 2023 in der Blauen Gans in Salzburg ihren Herzensberuf: Köchin.

Raus aus dem Büro und rein in die Küche: Karin Krauss macht mit 47 eine Erwachsenenlehre im Rahmen der 'Diplomakademie Tourismus'.
Raus aus dem Büro und rein in die Küche: Karin Krauss macht mit 47 eine Erwachsenenlehre im Rahmen der 'Diplomakademie Tourismus'.

Die Tourismus Akademie Salzburg unterstützt Lehrbetriebe und potenzielle Auszubildende bei der Suche nach dem passenden Pendant. Im Rahmen der dazugehörigen "Diplomakademie Tourismus" wird die Erwachsenenlehre angeboten - eine auf zwei Jahre verkürzte Lehrzeit, insgesamt nur acht Wochen Berufsschule am Wifi sowie ein Mindestkollektivlohn von 1800 Euro brutto sind Teil davon.

""Ich muss meiner Leidenschaft nachgehen - Kochen.""
Karin Krauss
Kochlehrling

Eine, die auf diesem Weg raus aus dem Büro und rein in die Küche spazierte, ist Karin Krauss. Die 47-Jährige befindet sich im ersten Lehrjahr zur Köchin - sie erzählte den SN, wie es zum Start ihrer Lehre kam, welche Tipps sie für junge Lehrlinge parat hat und welche Ideen ihr für die eigene berufliche Zukunft vorschweben.

Was veranlasst einen mit 47 dazu, einen fixen Job und quasi alle Sicherheiten aufzugeben und eine Lehre zu starten? Karin Krauss: Gute Frage. Das denke ich mir auch oft - warum habe ich alle Sicherheiten aufgegeben? Wobei: vielleicht nicht alle Sicherheiten, aber einen gut bezahlten Job, eine gute Position im Unternehmen, im Leben angekommen zu sein. Ich habe mit der Zeit einfach gemerkt, dass mir das alles nicht mehr gefällt, das Arbeiten im Büro ist auf eine gewisse Art und Weise langweilig und monoton geworden, weil es immer die gleichen Aufgaben waren.

Mit Mitte 40 war meine Überlegung: Ich habe noch circa 15 Jahre zu arbeiten - und mag ich das, was ich aktuell mache, noch bis zur Pension machen? Die Antwort war ein klares Nein. Und mein Plan B ist über die Jahre entstanden.

Du bist jetzt im ersten Lehrjahr - warum gerade eine Lehre zur Köchin? Weil es das ist, wo mein Herz ist. Kochen als Hauptbeschäftigung war schon immer in meinem Hinterkopf, weil es mir Spaß macht. Ich habe vor meinem Entschluss schon öfter darüber nachgedacht, etwas in diesem Bereich zu arbeiten. Allerdings habe ich den Schritt nicht gewagt, weil ich Zweifel hatte. Als Lehrling verdient man so wenig - fang ich das mit 47 noch mal an?

Was hat dich dann doch dazu gebracht, dein Hobby zum Beruf zu machen? Schließlich habe ich beschlossen, dass ich meiner Leidenschaft, dem Kochen, nachgehen muss. Ich habe privat schon immer gerne bei verschiedenen Anlässen mit Freunden und Familie das Catering übernommen. Und schlussendlich sagte ich mir, als Köchin arbeite ich etwas mit den Händen, das ist, was mir Spaß macht, wo mein Herz aufblüht und wo ich mit Leidenschaft dabei bin. Ich dachte, wenn ich es jetzt nicht probiere, wann dann?

Sollte es nicht klappen, aus welchen Gründen auch immer, kann ich immer zurück ins Büro. Aber eines stand fest: Ich muss es probieren.

Wie hat dein Umfeld auf diesen Plan reagiert? Tatsächlich haben alle durchwegs positiv reagiert, mit "wow, mutig, Respekt". Oft kam die Aussage: "Ich würde es mich nicht mehr trauen." Frei nach dem Motto: "Ich würde gerne etwas anderes machen, ich traue mich aber nicht." Auch vonseiten meiner Eltern war die Resonanz sehr positiv - mein Papa fand die Idee super.

Mein Mann fand es auch gut. Ohne ihn beziehungsweise ohne diesen Rückhalt wäre wahrscheinlich vieles schwieriger. Er hat sogar den Anstoß dazu gegeben, die Lehre zu starten. Denn: Bei unserem ersten Treffen damals habe ich bereits gesagt, dass ich gerne beruflich kochen möchte.

Die Lehre zur Köchin heißt auch physische Arbeit: langes Stehen vor dem Herd, zig Fuhren rohes Gemüse schnippeln usw. Wie geht es dir körperlich damit? Es ist eine Umstellung von acht Stunden vor dem Rechner auf dem Bürostuhl sitzen versus acht Stunden im Schnitt stehen. Ich muss sagen, Füße und Rücken funktionieren einwandfrei - was ich allerdings tatsächlich spüre, sind die Hände. Vom Tragen und Schnippeln. Es ist schon ein Unterschied, ob man stundenlang vor dem Rechner sitzt und tippt oder ein Messer in der Hand hält, Töpfe trägt und dergleichen. Meine Hände sind diese Arbeiten einfach nicht gewöhnt und haben sich an die neue Arbeitssituation noch nicht ganz angepasst.

Was würdest du als größte Herausforderung in deinem neuen Berufsleben sehen? Eigentlich wirklich die Arbeit mit den Händen, diese körperliche Umstellung. Alles andere läuft sehr gut.

Wie gehst du mit dem Stress in der Küche um, wenn das Restaurant voll mit Gästen ist? Auch an das muss man sich gewöhnen und tatsächlich erst reinkommen. Für mich war der 27. Dezember des Vorjahres ein Knackpunkt: Ich hatte zuvor frei, am 27. war das Restaurant voll - und ich war großteils allein für die kalten Vorspeisen zuständig.

Aktuell ist Karin Krauss für die kalten Vorspeisen zuständig.
Aktuell ist Karin Krauss für die kalten Vorspeisen zuständig.

Die Bon-Maschine mit den Bestellungen hat durchgehend gerattert und Vorspeisen schickt man sehr zeitnah raus zu den Gästen. An dem Tag galt acht Stunden lang "schicken, schicken, schicken" - da wurde ich schon nervös. In diesen Ablauf reinzukommen und alles im Griff zu haben ist eine Herausforderung und anstrengend. Zugleich war ich auch extrem stolz darauf, alles gewuppt zu haben.

Was hältst du vom alten Spruch "Lehrjahre sind keine Herrenjahre"? Das kann ich jetzt so nicht bestätigen beziehungsweise habe ich Glück. In meinem Fall ist der Küchenchef super - jung, ambitioniert, er nimmt einen mit und erklärt vieles. Ebenso meine Kollegen. Bei Fragen sind sie immer für mich da.

Wie darf man sich die Zusammenarbeit in einer Küche vorstellen? Man muss natürlich schon sagen, der Umgangston in einer Küche ist ein anderer als vielleicht anderswo, es ist aber auch nicht so, dass geschrien wird oder Ähnliches. Ich arbeite zudem nur mit Männern zusammen, da musste ich mich anfangs auch ein bisschen einfinden. Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team und die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Vielleicht ist es auch ein bisschen der Respekt vor dem Alter, immerhin bin ich mit Abstand die Älteste in der Küche.

Welche Tipps hast du parat für angehende Kochlehrlinge - worauf sollten sie achten? Offen für alles zu sein, alles auszuprobieren, was einem bei der Arbeit angeboten wird, sich für nichts zu schade zu sein und die Dinge einfach anzugehen. Es kommt eh alles von selbst, wenn man sich sicher ist, dass das der Beruf ist, den man mit Leidenschaft macht. Dann ist es egal, ob man einen Fisch ausnimmt oder etwas anderes zu tun hat - es macht einfach Spaß. Und diesen Spaß sollte man sich bewahren.

Welche Denkanstöße hast du für jene, die vielleicht auch über 40 sind und noch einmal eine Lehre starten möchten? Einfach machen. Wenn man es nicht probiert, wird man nie wissen, ob es passt oder nicht, und es vielleicht immer bereuen, dass man sich nicht getraut hat. Und wie gesagt, es gibt immer einen Weg zurück oder einen Plan B, wenn es, aus welchen Gründen auch immer, nicht funktionieren sollte.

Würdest du wieder eine Lehre starten? Ja, auf alle Fälle.

Wie lauten deine Pläne für die Zukunft - eventuell einmal ein eigenes Restaurant? Als Erstes möchte ich meine Lehre gut abschließen - am liebsten mit Auszeichnung.

Mein Plan ist es weiters, irgendwann eine eigene Almhütte zu haben. Keine Après-Ski-Partyhütte, sondern eine, die klein, fein, gemütlich ist und die man nur mit dem Fahrrad oder zu Fuß erreichen kann. Das alles aber erst, wenn ich ein paar Jahre Praxiserfahrung in der Küche gesammelt und ein paar Jahre länger in dem Beruf gearbeitet habe. Dann kommt die Almhütte. Zusammen mit meinem Mann.