"Wir haben einen großen Pool an jungen Menschen mit hohem Bildungsniveau. Sie wollen wir für die Betriebe gewinnen."
Melanie Pirklbauer
Leiterin des Bundesbüros der Dualen Akademie bei der WK OÖ
Seit 2022 rollt man die Lehre für Maturanten auf das gesamte Bundesgebiet aus. Inzwischen bieten 730 Betriebe 14 Berufsbilder an, darunter die begehrten Jobs in der IT-Branche, bei Banken, in der Logistik oder Technik. 590 Trainees, so die Bezeichnung für die AHS-Lehrlinge, haben die Ausbildung begonnen, 255 haben die Lehrabschlussprüfung bestanden. Der Berufsweg dauert zwei bis drei Jahre und muss ein Auslandspraktikum enthalten. Die Bezahlung ist mehr als doppelt so hoch wie der "Lehrlingstausender". Der anerkannte Berufsabschluss lautet "DA Professional.
Maturanten mit Lehre sind sehr wertvolle Arbeitskräfte
Bernhard Eicher ist Leiter der Lehrlingsausbildung beim Kranhersteller Palfinger und sitzt auch im "Rat neue Arbeitswelten", einem Thinktank des Arbeits- und Wirtschaftsministeriums. "Für die Industrie sind diese gut gebildeten angehenden Fachkräfte sehr wertvoll. Bei uns erhalten sie im Gegenzug die Vorteile eines internationalen Unternehmens."
Am Palfinger-Campus in Lengau kann man unter anderem Mechatronik, Maschinenbau und Metalltechnik lernen oder wie die 22-jährige Magdalena Fink aus Seekirchen Speditionskauffrau werden. Sie wollte nach der Matura in die Arbeitswelt eintauchen und eine begrenzte Ausbildungszeit haben. Ein "einschneidendes Erlebnis" sei das Praktikum in Schweden gewesen.
Maschinenbaulehrling Simon Gangl (21) aus Lamprechtshausen wird demnächst internationale Konzernluft in der Niederlassung in Bulgarien schnuppern. Er sei "definitiv aufgeregt", sagt der junge Mann. Die Arbeitssprache im Ausland ist Englisch, als Zusatzqualifikation für den Lebenslauf kann man das Cambridge-Zertifikat mitnehmen.
Lukas Rebhan (20) pendelt aus dem nahen Pöndorf zu Palfinger, wo er Maschinenbautechniker lernt. Er hat nach der HAK bei Palfinger geschnuppert und findet die Ausbildung schlicht "toll". Der Weltmarktführer für Hebelösungen beschäftigt übrigens 20 Prozent Frauen in technischen Berufen, was weit über dem österreichischen Schnitt liegt. "Eine junge Kollegin schweißt in Spanien Rahmen auf unsere Lkw", schildert Eicher. Es gebe heutzutage nicht nur intelligente Krafthilfen, sondern auch Gespräche mit den Mädchen und Frauen, wie sie sich in der Männerdomäne fühlten.
Begeisterung für den Beruf wecken
Viele Unternehmen klagen, dass sie nicht in die Gymnasien hineindürften, um sich vorzustellen. "Wir werden als Ausbildungsbetrieb abgewimmelt, wissen aber, dass es beim Studium hohe Drop-out-Raten gibt", sagt Reinhard Koch, Lehrlingsbeauftragter bei starlim-sterner, einer Unternehmensgruppe in Marchtrenk, die Werkzeuge baut und weltweit 1700 Menschen in der Verarbeitung von Flüssigsilikon beschäftigt (zur Produktpalette gehören Brauseköpfe von Grohe, die Hundeleine von Playmobil oder Silikonschnuller).
Die Firma bietet 15 Lehrberufe und ist breit aufgestellt. Koch: "Die Burschen und Mädel sind reif und intelligent, wenn sie von der Schule kommen. Sie sind auffassungsschneller als ein 15-Jähriger. Wir begegnen ihnen auf Augenhöhe, wollen die Lehre so attraktiv gestalten, dass Begeisterung entsteht, dass sie sagen, hoppala, das ist ein Weg, das bringt mich weiter. Diese jungen Leute setzt man dann nicht in die Produktion, sondern eher in die Forschung und Entwicklung oder Konstruktion."
Das Unternehmen hat Standorte in Europa, Nordamerika und China, von wo eben Trainees zurückgekommen sind. Unter ihnen der frischgebackene Kunststofftechniker Johannes Rechberger. Der 24-Jährige aus Buchkirchen hat an der WU Wien studiert und sich vor allem unter Corona "Studieren anders vorgestellt". Nach dem Schnuppern im sterner-Trainingscenter in Wels entschied er sich für einen Beruf in der Industrie. Rechberger arbeitet als Anwendungstechniker und schreibt in Zusammenarbeit mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von starlim-sterner seine Diplomarbeit.
Die Erste Bank in Wien hat im Rahmen der Dualen Akademie im Oktober 2023 gleich eine ganze Klasse mit Trainees gefüllt. Das Interesse sei enorm gewesen, berichtet Sabine Sommerbauer vom Recruiting and Employer Branding des Bankhauses. "Wir haben das auf unserer Homepage, LinkedIn und karriere.at ausgeschrieben und konnten in kurzer Zeit 19 Plätze besetzen. Die jungen Leute werden in drei Jahren zu Bankkaufleuten ausgebildet, vielen ist das Studium zu trocken."
Die älteren Trainees seien reifer, schneller im Lernen, die Erwartungen in sie höher als bei pubertierenden Jugendlichen - dafür winkt ein ansehnliches Einstiegsgehalt von nunmehr 2821 Euro brutto nach den KV-Verhandlungen. Die Auslandswochen finden in den Filialen in Ungarn, Rumänien und der Slowakei statt.