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Ausbildung zum Koch als Nahrung für die Seele

Halaoui Bogontozu nimmt sein Schicksal selbst in die Hand. Flucht aus seiner Heimat, Verkäufer einer Straßenzeitung und Kochlehre - er beweist immer wieder Eigenengagement.

Mit Essen anderen eine Freude zu bereiten, das gefällt Halaoui Bogontozu.
Mit Essen anderen eine Freude zu bereiten, das gefällt Halaoui Bogontozu.

"Mein großer Kindheitswunsch war es, ein international erfolgreicher Boxer zu werden", erzählt Halaoui Bogontozu, kurz Bogo. In den Boxring schafft er es nicht. Trotzdem musste sich Bogo in seiner Heimat Togo durchschlagen. "Ich bin ein bisschen zur Schule gegangen. Eine Ausbildung habe ich nicht gemacht", erzählt der heute 31-Jährige weiter. Über Wasser gehalten hat er sich mit Gelegenheitsjobs wie Taxifahren oder dem Arbeiten auf Baustellen. Dabei wollte er durchaus etwas in seinem Leben erreichen. Aber: "Es gab nicht viele Möglichkeiten für mich." Letztlich entschied er sich für die Flucht nach Österreich. Das war 2011.

Nach der Flucht Abschluss nachgeholt

Zunächst kam er in ein Flüchtlingsheim in St. Johann im Pongau. Deutsch beherrschte er damals noch nicht. Folglich konnte er sich auch nicht mit den Einheimischen, die den Kontakt zu ihm suchten, austauschen. Das wollte er ändern. Er besuchte einen Deutschkurs und nahm an einem Flüchtlingsprojekt teil, bei dem er als Abwäscher in einem Hotel jobbte - sein erster Kontakt zur Hotellerie und Gastronomie. Eine Chance, in St. Johann weiterzukommen, sah Bogo aber nicht. Es zog ihn deshalb nach Salzburg. Zwar wurde er dort von der Caritas finanziell unterstützt, aber in einem Flüchtlingsheim wollte er nicht leben. Er musste also Geld verdienen.

"Von einer Bekannten bin ich auf die Straßenzeitung ,Apropos' aufmerksam gemacht worden", schildert Bogo. "Ich musste etwas machen, um Leute zu treffen, zu reden und zu schauen, welche Möglichkeiten es gibt", begründet er seinen Entschluss, sich 2015 bei ,Apropos' als Zeitungsverkäufer zu bewerben. Rund vier Jahre lang stand er vor dem Hofer in der Herrnau. Seine Arbeit machte er gerne und er lernte dabei auch viele neue Bekannte kennen, von denen ihn welche im Asylverfahren unterstützten. Das Verfahren ging letztlich positiv für ihn aus. Während seiner Zeit bei ,Apropos' lernte Bogo weiter Deutsch und er machte seinen Pflichtschulabschluss - die Voraussetzung dafür, einen Ausbildungsplatz bekommen. "Ich wollte unbedingt eine Ausbildung machen", betont Bogo.

Kochlehre im Hotel Blaue Gans

Stuckateur hätte ihn interessiert. Aber er kocht auch gerne, bereitet gerne gutes Essen zu. "Einen Dank für ein gutes Essen finde ich schön", sagt Bogo. Freunde fragten ihn deshalb, warum er nicht Koch werden möchte. Bogo probierte sein Glück bei ein paar Salzburger Hotels. Und tatsächlich: Er ergatterte einen Ausbildungsplatz, den er jedoch aufgrund der Coronapandemie wieder verlor. Doch er warf nicht das Handtuch. Mit seiner Bewerbung ging er ins Hotel Blaue Gans mit seiner gehobenen Küche. Er konnte mit Direktorin Cornelia Gritzky sprechen und einen Probetag vereinbaren. Dabei blieb es nicht. Bogo bekam einen Ausbildungsvertrag. "Mir hat gut gefallen, dass er die Ausbildung unbedingt machen wollte. Von seiner Art und seinem Auftreten ist Bogo sehr offen und er ist lernbereit", schildert Gritzky.

"Einen Dank für ein gutes Essen finde ich schön."
Halaoui Bogontozu
Koch

"Ich konnte anfangs nicht einmal ein Messer professionell halten", erinnert sich Bogo zurück. Von seinen Sparringpartnern, dem Küchenchef und seinen Kochkollegen, lernte er aber nicht nur das, sondern sie vermittelten ihm auch das Basishandwerk, wie etwa Saucen und Suppen anzusetzen oder Pastateig und Füllungen zuzubereiten. Bei der Postenküche, wie es sie in der "Blauen Gans" gibt, hat jeder seine Aufgabe. Sie bringt viel Vorbereitung mit sich und erfordert Teamarbeit. Bogo musste lernen, mit Stress umzugehen, übte Handgriffe und Fachbegriffe.

Die Berufsschule in Obertrum macht ihm Spaß, wenngleich die Zeit dort sehr intensiv für ihn war. Bogo lebte im Internat, um vor Ort die Unterstützung zu bekommen, die er brauchte, erklärt Gritzky. Ihr Haus nahm zudem ein Lehrlingsförderprogramm vom Wifi in Anspruch, damit Bogo fachliche Unterstützung bekam und Deutschkurse besuchen konnte. Denn auch wenn die 50 Beschäftigten der "Blauen Gans" aus etwa 20 Nationen kommen, wird im Haus Deutsch gesprochen.

Andere Betriebe kennenlernen und noch mehr Zukunftspläne

Heuer im September dann der Sieg Bogos: Er bestand die Lehrabschlussprüfung. Und in der Blauen Gans ging es für ihn in die nächste Runde, denn er wurde übernommen. Das Hotel soll aber nicht seine erste und letzte berufliche Station sein. Bogo will auch andernorts Erfahrungen sammeln. Gritzky bestätigt ihn in seinen Vorhaben. "Es ist gut, wenn er sich andere Betriebe anschaut. Aber unsere Türe wird immer für Bogo geöffnet sein." Doch bevor er an seiner Kochkarriere in anderen Betrieben feilt, will Bogo erst einmal im nächsten Jahr den Führerschein in Angriff nehmen. Ein Fernziel hat er auch: Während seiner Lehre hat er für sich herausgefunden, dass er gerne Frühstück macht. Das Buffet mit Joghurt, Müsli, Gebäck, Marmelade etc. herzurichten und Pancakes, Porridge und Eiergerichte zuzubereiten - das ist sein Ding. Wer braucht schon einen Boxring, wenn er sich mit einer Frühstücksbar selbstständig machen könnte?