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Wohnen am Meer: Immobilienmarkt Triest boomt

Triest wird von Touristen und Investoren wiederentdeckt. Vor allem Österreicher suchen in der Region nach Ferienimmobilien, nicht immer zur Freude der Einheimischen.

Das Interesse daran, eine Immobilie in der Hafenstadt Triest zu erwerben, steigt – und mit ihm die Immobilienpreise.
Das Interesse daran, eine Immobilie in der Hafenstadt Triest zu erwerben, steigt – und mit ihm die Immobilienpreise.

Triest, das ist ein Hauch Wien, ist Habsburger-Flair mit eigenem Schloss, und das am Meer. Die Hafenstadt an der Oberen Adria ist Italiens Hauptstadt des Kaffees, die Heimat von Veit Heinichens Commissario Laurenti und wirtschaftliches Zentrum des Dreiländerecks Italien, Slowenien und Kroatien. Die Region, die bis 1918 zu Österreich gehörte, hat in den vergangenen Jahren touristisch enorm aufgeholt, mehr und mehr Menschen aus dem Ausland sehen sich hier nach Ferienimmobilien um.

Triest Immobilienmarkt im Aufschwung

Die Bandbreite an Angeboten in Triest ist groß, die Preise sind für Menschen aus Salzburg mitunter unvorstellbar niedrig: Gut erhaltene Dreizimmerwohnungen um 150.000 Euro sind keine Seltenheit. Wer es luxuriöser haben möchte, kauft sich im künstlich in einer Felsbucht geschaffenen Jachthafen Portopiccolo in Sistiana ein, der nur wenige Kilometer nördlich von Triest liegt. Für die Zweizimmerwohnung muss man hier jedoch 450.000 Euro aufbringen, für 5,2 Millionen gibt es eine Villa.

Karin Marchl von Herzog Immobilien ist Maklerin in Graz, in ihrem Portfolio befindet sich eine Wohnung in Triest in einem historischen Zinshaus, neu renoviert, stilvoll eingerichtet und sofort bezugsfertig, um 880.000 Euro. Schon vor der Pandemie berichtete die Immobilienmaklerin von einem Boom, den die Hafenstadt erfahren hatte. Endlich, sagte Marchl, deren familiäre Bande bis an die Obere Adria reicht. Sie berichtet vom Triest ihrer Kindheit, als das Herzstück der Stadt, die Piazza Unità d'Italia, von Luxusgeschäften umsäumt war, die nach und nach verschwanden, und damit auch das Flair der Stadt. Seit Touristen und Investoren die Stadt wiederentdeckten, sind die Immobilienpreise gestiegen und dank großzügiger staatlicher Förderung wurde die Stadt auch architektonisch wachgeküsst. Im Jahr 2020 hatte die Regierung unter Giuseppe Conte den Superbonus eingeführt, der die Kosten für energetische Sanierungen mit bis zu 110 Prozent ersetzt. So wurden in Triest nicht nur prächtige Jugendstilfassaden renoviert, sondern auch die dahinter liegenden Wohnungen, nicht zuletzt mit der Idee, sie als Ferienwohnungen zu verkaufen.

Sorgen und Chancen für junge Menschen in Triest

Die jungen Triesterinnen und Triester freut dieser Aufschwung, gleichzeitig sehen sie der Entwicklung ihrer Region, die sich von der Regierung in Rom oft vergessen fühlt, mit Sorge entgegen. In den letzten fünf Jahren sind die Immobilienpreise laut Plattform immobiliare.it von 1600 Euro pro Quadratmeter auf aktuell 2200 gestiegen. Viele der 17.000 Studierenden schmerzen seither höher werdende Mieten, für andere junge Menschen wiederum ist der Traum von den eigenen vier Wänden geplatzt. So auch für Alessandra, sie ist 26, arbeitet als Lehrerin und verdient etwas mehr als tausend Euro im Monat. Dass nun ausländische Investoren kommen, die Preise in die Höhe treiben und noch dazu den Superbonus beanspruchen können, missfällt ihr. "Das sind unsere Steuergelder." Viele junge und gut ausgebildete Menschen gingen ins Ausland, sagt sie, dort lockten bessere Verdienstmöglichkeiten. Wer bleibt, sucht sich Wohnraum auf dem Land, wo die Preise niedriger sind. Dorthin ziehe es neuerdings auch Wohlhabende, sagt die Immobilienmaklerin Karin Marchl. "Früher besaß der gut situierte Triester eine Villa in Duino, ein Haus in Cortina und eine Wohnung in Triest. Heute ziehen sie sich in den Karst zurück, wo es im Sommer kühler ist."

Triest erlebt Investitionsboom: Ryanair, Illy uvm.

Triest blüht aktuell auch wirtschaftlich auf: Ryanair investiert 100 Millionen Euro in den Ausbau des Flughafens, 600 neue Arbeitsplätze sollen dadurch entstehen, das Traditionsunternehmen Illy steckt in den nächsten Jahren 270 Millionen Euro in den Standort. British American Tobacco plant ein neues Innovations- und Produktionszentrum und macht dafür 500 Millionen Euro locker. Auch rund um den Hafen wird fleißig investiert. 2020 hat die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) die Mehrheit an einem Hafenterminal übernommen, das österreichische Unternehmen Gruber Logistics, das Triest als Drehkreuz für Verbindungen in die Türkei oder nach Westeuropa nutzt, will mit frischem Geld diese Südroute stärken. Für JP Immobilien aus Wien ist Triest für touristische Investments interessant. Der Immobilienentwickler kaufte zuletzt den zentral gelegenen Gebäudekomplex Piazza Vittorio Veneto mit einer Nutzfläche von 19.000 Quadratmetern. Aus einem Gebäudeteil entsteht aktuell ein Lifestyle- und Leisure-Hotel, im anderen werden bis Ende 2025 73 Eigentumswohnungen mit 40 bis 120 Quadratmetern Fläche errichtet. Die Wohnungseigentümer können zu niedrigeren Preisen den Restaurant- oder Spa-Bereich nutzen, alle anderen Annehmlichkeiten wie Concierge oder Pool- und Fitnessbereich sind kostenlos. In Abwesenheit kümmert sich nach Wunsch jemand um die Wohnung. Obwohl der offizielle Verkauf der Wohnungen im Palazzo noch nicht gestartet sei, könne man über eine hohe Nachfrage berichten, und zwar nicht nur aus Österreich, sagt Gebhard Schachermayer von JP Immobilien.

Für ihn ist Triest ein "altes Juwel, das nun wiederentdeckt, wachgerüttelt und aufpoliert wurde". Das Interesse an der Hafenstadt werde andauern: So sei Triest nicht nur in Kombination mit Venedig als Passagierkreuzfahrthafen im Gespräch, es soll auch eine Zugschnellverbindung zwischen Triest und Venedig entstehen. "Solche Entwicklungen lassen Investoren wie uns aufmerksam werden", sagt Schachermayer. Auf den Superbonus konnte auch JP Immobilien zurückgreifen. Ob dies für Investoren weiterhin möglich sein wird, ist offen, der Superbonus riss ein enormes Loch in den italienischen Staatshaushalt, unter der Regierung Giorgia Melonis wackelt die Förderung nun. Dem Antlitz der Stadt Triest hat der Geldregen jedenfalls gutgetan.