Strenge Kriterien bei der Kreditvergabe, hohe Inflation und teure Energie bereiten derzeit nicht nur Häuslbauern, sondern auch dem Österreichischen Fertighausverband Sorgen. Christian Murhammer, Geschäftsführer des Fertighausverbands, hat mit den "Salzburger Nachrichten" über neue Entwicklungen in der Branche gesprochen.
SN: Die letzten Jahre waren turbulent: Zuerst Corona, dann Lieferschwierigkeiten haben die Mitglieder des Fertighausverbands einige Zeit in Atem gehalten. Hat sich die Lage normalisiert?
Christian Murhammer: Die angesprochenen Punkte sind in der Fertigbaubranche aktuell kein Thema mehr. Die Auswirkungen von Corona sind gut bewältigt und von Lieferproblemen kann keine Rede mehr sein. Auch die extremen Preisschwankungen, die das Kalkulieren so schwer gemacht haben, sind Vergangenheit. Das Problem ist allerdings, dass die "alten" Herausforderungen nun durch neue abgelöst wurden. Jetzt sind es Inflation, damit einhergehende Lohnerhöhungen, die Zinsentwicklung, die Energiepreise und dann noch die durch die berühmt-berüchtigte KIM-Verordnung künstlich geschaffene Hürde der strengen Kreditvergaberegelungen. Alles in allem keine leichte Zeit für die Unternehmen und Kunden.
SN: Sind die Auftragsbücher trotzdem gut gefüllt?
Die Auftragsbücher sind noch voll, aber die Uhr tickt. Es kommen zwar einige Neuaufträge nach, aber bei Weitem nicht in der erforderlichen Zahl.
SN: Die schwierige Marktlage scheint derzeit viele neue Bauprojekte zu vereiteln?
Die aktuellen Rahmenbedingungen haben auch einen nicht zu vernachlässigenden psychologischen Effekt. Viele junge Menschen sagen sich: Wir haben ohnehin keine Chance, eine Finanzierung zu bekommen, und informieren sich dann gar nicht erst über Möglichkeiten, wie ein Bauprojekt vielleicht doch realisierbar wäre.
Andere wieder, die vielleicht schon ein Grundstück besitzen und bei denen auch die Finanzierung kein Problem wäre, warten dennoch ab. Sie hoffen auf in absehbarer Zeit sinkende Zinsen und niedrigere Materialpreise.
SN: Womit können Fertighäuser auch in diesen herausfordernden Zeiten punkten?
Nach wie vor bieten Fertighäuser durch das bewährte Projektmanagement das größtmögliche Maß an Planungssicherheit. Auch die Fixpreisgarantie ist schon lange wieder zurück und wird auch verlässlich bleiben.
SN: Wie teilt sich das Segment der Fertighauskunden aktuell auf: Wie groß ist der Anteil der Jungfamilien, die sich ihren Haustraum erfüllen wollen?
Das Luxussegment ist im Fertighausbau vom Auftragsrückgang deutlich weniger intensiv betroffen als die kostengünstigeren Varianten für die junge Familie. Diese Kundengruppe ist infolge der ungünstigen Rahmenbedingungen kleiner geworden. Was wirklich schade ist. Denn so wird der Erwerb von Eigentum be- oder sogar verhindert. Die Familien werden in die Miete gedrängt. Die Nachfrage steigt und damit die Mieten gleich mit. Über die Jahrzehnte betrachtet kommt die Schaffung von Eigentum in Summe weit billiger als Miete im gleichen Zeitraum.
Der Unterschied: Über die bezahlte Miete freut sich nur der Vermieter, das Eigentum hingegen stellt einen Wert dar, der gegen die Altersarmut wirkt. Das behaupte ich auch nicht einfach so, das kann leicht nachgerechnet werden.
SN: Das Modell Einfamilienhaus steht ja zunehmend härter in der Kritik. Welchen Einfluss zeigt das auf die Unternehmen?
Ehrlich gesagt verstehe ich die andauernde Kritik am Einfamilienhaus nicht ganz. Im Fokus der Kritik steht da nämlich die Bodenversiegelung. Nehmen wir beispielsweise eine Einfamilienhaussiedlung auf einer Fläche von einem Hektar. Die Statistik weist den gesamten Hektar als "versiegelt" aus. Tatsächlich verbaut sind allerdings nur rund 40 Prozent dieser Fläche. Mehr als die Hälfte bleibt also grün. Dort herrscht eine große Pflanzenvielfalt, es wird kaum gedüngt oder mit Insektiziden gearbeitet. Jeder Imker stellt heutzutage seine Bienenbeuten lieber in ein Siedlungsgebiet als neben eine agrarisch genutzte Monokulturfläche. Davon abgesehen beschäftigen sich die Fertigbauunternehmen natürlich auch mit alternativen Angeboten neben dem Einfamilienhaus. Der Zubau, Aufbau oder Anbau in Fertigbauweise an Bestandsobjekte wird in nächster Zeit zunehmen. Auch der verdichtete Bau wird verstärkt in den Fokus rücken. Das gänzliche Aus für das Einfamilienhaus werden diese Varianten jedoch nicht so schnell bedeuten.
SN: Im vergangenen Jahr hat eine Gruppe namhafter Vertreter der Fertighausbranche die Leitung der Musterhausparks Eugendorf, Graz und Haid übernommen. Wie läuft es seither, was hat sich verändert?
Mit diesem wichtigen Schritt wurden die drei Musterhausparks nicht nur wirtschaftlich gerettet. Endlich gibt es jetzt auch in Österreich das, was in Deutschland schon seit Jahrzehnten üblich ist: Nicht Betreibergesellschaften sind für die Anlagen verantwortlich und verfolgen Eigeninteressen, sondern die Fertighausunternehmen selbst führen die Ausstellungsflächen - und das ausschließlich im Sinne der Konsumenten, aber auch im Sinne der Branche.