SN.AT / Wirtschaft / Welt / Wirtschaft

E-Autos aus China als Dienstwagen für österreichische Behörden: Darf das sein?

Europas Autohersteller sind stark unter Druck. Ein Experte prophezeit, dass der chinesische Hersteller BYD bald globaler Marktführer für E-Autos sein wird. Auch in Österreich gehen die Wogen hoch.

BYD führt den Vormarsch chinesischer E-Auto-Bauer an. Das Modell Dolphin (links) ist auf dem österreichischen Markt ab 25.900 Euro zu haben.
BYD führt den Vormarsch chinesischer E-Auto-Bauer an. Das Modell Dolphin (links) ist auf dem österreichischen Markt ab 25.900 Euro zu haben.
E-Autos aus China sind auf dem Vormarsch
E-Autos aus China sind auf dem Vormarsch

Selbst der größte Konkurrent zollt höchsten Respekt. Der zugegeben erratische Elon Musk, Eigentümer des E-Auto-Bauers Tesla, warnte dieser Tage, dass die chinesische Autohersteller derart stark seien, dass der Großteil der Branche keine Chance gegen sie habe. "Wenn es keine Handelsschranken gibt, werden sie die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören", sagte Musk. In den USA hält ein Einfuhrzoll von 25 Prozent chinesische Autos vom Markt. Die EU erwägt ebenfalls Zölle mit dem Argument, dass China durch staatliche Beihilfen die Preise für E-Autos künstlich drücke.

Tesla war 2023 mit 1,81 Millionen verkauften Stück der größte Anbieter von Elektroautos. Doch im Schlussquartal wurde der US-Konzern erstmals vom chinesischen Konkurrenten BYD überholt. Addiert man die Verkäufe von E-Autos und Hybridmodellen, ist der chinesische Konzern längst Erster. Er verkaufte in beiden Segmenten über drei Millionen Autos.

E-Autos aus China: Ängste machen sich breit

Auch in Österreich sorgt der Vormarsch von BYD & Co. für erste Erregung. Einst hatte man China-Autos verlacht, weil sie bei Crashtests durchfielen. Heute machen sich Ängste breit, dass sie auch Europa überrollen könnten. Als Ende Dezember bekannt wurde, dass eine Ausschreibung der Bundesbeschaffungsagentur (BBG) fünf Lieferanten für neue Dienstautos in öffentlichen Behörden ergab, befand sich unter den Bestbietern mit BYD erstmals ein chinesischer Hersteller. Bis zu 640 E-Autos kann BYD für den öffentlichen Dienst in den nächsten vier Jahren bereitstellen. FPÖ und SPÖ reagierten empört. "Man kann nicht als öffentliche Hand beginnen, den europäischen und auch österreichischen Automarkt zu zerstören", so die SPÖ. Beide Parteien forderten eine Neuausschreibung, doch eine Beschränkung auf europäische Hersteller ist rechtlich kaum möglich. "Fahrzeuge, die eine EU-Marktzulassung erhalten, können nicht per se von Ausschreibungen ausgeschlossen werden", so die BBG. Als Importeur von BYD tritt zudem mit CCI Car Austria der heimische Autohändler Denzel auf. Vergabeexperte Martin Schiefer sähe dennoch Möglichkeiten, solche Zuschläge zu erschweren. Die BBG könnte Sozial- oder Umweltkriterien in Ausschreibungen integrieren, etwa die Transparenz in Lieferketten, die Einhaltung von Menschenrechten oder ESG-Kriterien zu Ökologie und Unternehmensführung.

BYD plant wohl erstes E-Auto-Werk in Ungarn

Auch die schwarz-blaue Regierung in Oberösterreich, die aktuell 35 neue E-Autos für Behörden anschafft, umging mit einem Kniff eine Vergabe an BYD. Sie nutzte eine andere Bundesausschreibung zu elektrischen Leasingautos, um Modelle von BMW und VW anschaffen zu können. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sieht es als "Beitrag für den europäischen Automotiv-Standort" und schießt scharf gegen die EU: "Während Europa die Autoindustrie durch immer strengere Auflagen schwächt, pumpen Länder wie China staatliches Geld in diese Unternehmen. Ein internationaler Wettbewerb auf Augenhöhe ist so nicht möglich." Der BYD-Importeur CCI Car reagierte auf die Vergabeentscheidung in Linz mit drohendem Unterton. BYD plane sein erstes europäisches E-Auto-Werk in Ungarn und das böte große Chancen für die österreichische Stahl- und Autozulieferindustrie. "Ob diese politische Entscheidung als fruchtbare Basis für mögliche Kooperationsgespräche dienlich ist, ist aber fraglich", so CCI.

BYD verdrängte VW-Konzern in China von der Spitze

Ihre neue Kraft haben sich die chinesischen Autobauer auf dem Heimmarkt erarbeitet. In China wurden zuletzt 26 Millionen Pkw verkauft, schon jedes vierte war ein E-Auto. BYD verdrängte erstmals seit 15 Jahren den VW-Konzern von der Spitze. Eine historische Zäsur, die den Umbruch im globalen Automarkt erahnen lässt. Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer geht so weit, dass er die künftigen Auto-Champions in China verortet. Er sieht sie vor allem beim "intelligenten Auto" technologisch überlegen, das Information und Unterhaltung im Auto in "völlig neuer Qualität" biete. Spätestens in zehn Jahren werde BYD Toyota als weltgrößten Autobauer ablösen, meint Dudenhöffer. Bekannte Autokonzerne könnten mittelfristig zu reinen "Autobauern" degradiert und zu Zulieferern von Tech-Giganten werden. Denn Technologie und Digitalisierung trieben die Autobranche. Dudenhöffer nennt die chinesischen Handyhersteller Huawei und Xiaomi, die jüngst eigene Automodelle angekündigt haben. Mittlerweile sichern sich europäische Autobauer chinesisches Know-how, und nicht mehr umgekehrt: VW kaufte sich beim chinesischen E-Auto-Bauer XPeng ein, um die Entwicklung "intelligenter und vollvernetzter" E-Autos für den chinesischen Markt voranzuspringen. "Dieser China-Deal ist Volkswagens Eingeständnis der Unterlegenheit", kommentiert die deutsche "Welt".

In Europa geben sich Händler und Hersteller offiziell gelassen: Der chinesische Angriff werde in Europa beherrschbar bleiben, sagte Hans Peter Schützinger, Sprecher der Geschäftsführung von Europas größtem Händler, der Porsche Holding in Salzburg. Klaus von Moltke, Leiter der BMW Motoren GmbH in Steyr, meinte im SN-Interview auf die Frage, ob ihn der chinesische Vormarsch nervös mache: "Nein, wir sehen Wettbewerb als Stärke, das ist ein gesunder Druck, um mit neuen und innovativen Produkten auf den Markt zu kommen." Es dürfte ein Wettstreit werden, der noch viele Emotionen freisetzt.

WIRTSCHAFT-NEWSLETTER

Abonnieren Sie jetzt kostenlos den Wirtschaft-Newsletter der "Salzburger Nachrichten".

*) Eine Abbestellung ist jederzeit möglich, weitere Informationen dazu finden Sie hier.