Luca de Meo hat diese Tage allen Grund zu guter Laune. Als der Italiener 2020 von Seat zu Renault wechselte, stand die hochverschuldete Traditionsmarke mit dem Rücken zur Wand. Kaum vier Jahre später surfen die Franzosen wieder auf der Erfolgswelle: Auf die Präsentation der positiven Unternehmenszahlen folgte kürzlich die Kür des Renault Scenic E-Tech zum "Auto des Jahres 2024". Mit der Weltpremiere der R5 E-Tech Electric folgt nun das wohl wichtigste Puzzlestück der von de Meo ausgerufenen "Renaulution"-Strategie.
Denn geht es nach dem obersten Renault-Chef, so ist die Reinkarnation der Kleinwagen-Legende aus den 1970er-Jahre genau das, was es für eine ökologisch und ökonomisch tragfähigen Zukunft der Marke dringend braucht: ein erschwingliches Stadtauto, das an die glorreiche Vergangenheit der Marke erinnert und zugleich das technische Potenzial bietet, die bisher oft als zu elitär wahrgenommene E-Mobilität zu demokratisieren.
Beliebter Stadtflitzer revolutioniert
Bedeutend früher als die deutsche Konkurrenz hat man bei Renault das enorme Potenzial darin erkannt, beliebten Modellen von früher mittels Akku und E-Motor neues Leben einzuhauchen und damit die mit dem Verbrennungsmotor aufgewachsenen Baby-Boomerfür die Elektromobilität zu begeistern.
Die enorme Bedeutung des Renault 5 E-Tech Electric für den Hersteller sieht man auch daran, dass seine Entwicklung nur drei anstatt der üblichen vier Jahre gedauert hat. Das Resultat dieser Kraftanstrengung ist ein 3,92 Meter kurzer Stadtflitzer mit einem extrem engen Wendekreis von 10,3 Metern und einem Leergewicht von unter 1,5 Tonnen. Möglich wird dies durch die neu entwickelte, rein elektrische AmpR-Plattform, bei der erstmals eine neue Batterie-Architektur zum Einsatz kommt. Ähnlich wie bei der sogenannten Blade-Batterie des chinesischen Herstellers BYD werden dabei Platz- und Gewichtsvorteile genutzt, indem die modernen Nickel-Mangan-Kobalt-Akkus in weniger Module aufgeteilt werden. Im Vergleich zum bisher kleinsten elektrischen Renault, dem Zoe, spart der R5 dadurch 20 Kilogramm ein.
R5 kommt ohne seltene Erden aus
Auch bei der Motorisierung lautet die Devise "weniger ist mehr": der äußerst kompakt gebaute Synchronmotor mit gewickeltem Rotor kommt ohne Permanentmagnete und den ökologisch bedenklichen seltenen Erden aus. Anstatt sich den ansonsten üblichen Leistungsexzessen hinzugeben, beschränkt sich der R5 auf drei Leistungsstufen mit 70 kW/95 PS, 90 kW/120 PS und 110 kW/150 PS. Die größere 52-kWh-Batterie soll laut Hersteller für bis zu 400 Kilometer Reichweite reichen, die für einen späteren Zeitpunkt angekündigte 40-kWh-Variante für rund 300 Kilometer.
Optische Anleihen nimmt sich der neu aufgelegte R5 vor allem am kultigen Heckmotor-Boliden R5 Turbo aus 1980 - wobei die retrofuturistischen Designzitate gleichzeitig als Aerodynamik-Booster fungieren. So bringt der strömungsgünstige Heckspoiler zusätzlich acht Kilometer an Reichweite, die serienmäßigen 18-Zoll-Felgen sechs, und die speziell ausgeformten Rückleuchten weitere acht Kilometer. An die Stelle des Lufteinlasses auf der Motorhaube tritt beim elektrischen R5 eine digitale Ladeanzeige in form der ikonischen Fünf, die aufleuchtet, wenn man sich dem Fahrzeug nähert. Im Innenraum dominieren vegane bzw. recycelte Materialen, der Kofferraum fasst bis zu 326 Liter.
Die Markteinführung des Renault R5 E-Tech Electric ist für Ende des Jahres geplant, die Preise sollen bei rund 25.000 Euro starten.