SN.AT / Leben / Karriere

Paare als Unternehmer: Bett und Business

Was Paare bedenken sollten, wenn sie miteinander gründen - und keiner zu Löwenfutter werden soll.

Lernten aus Fehlern: Béa und Oliver Beste.
Lernten aus Fehlern: Béa und Oliver Beste.

Ich hatte die Gelegenheit verpasst, meinen Mann rechtzeitig zu feuern!" Dieser Satz hallt nach, wenn Béa Beste vom Scheitern ihres Unternehmens erzählt. Gemeinsam mit ihrem Mann Oliver und zwei weiteren Mitgründerinnen und -gründern startete sie die Tollabox, eine Bastelbox für Eltern und Kinder, die monatlich ins Haus geliefert wurde. Das Bastelbox-Abo war zunächst sehr erfolgreich. Eines Tages stand eine wichtige Finanzierungsentscheidung an. Auf dem Tisch lag ein Investmentangebot, für Oliver jedoch unter fragwürdigen Bedingungen. Er sprach sich dagegen aus, Béa war dafür. Als Mehrheitseigentümerin hätte sie ihren Mann, der zugleich Geschäftsführer war, entlassen können. "Die Tollabox war mein Baby, ich wollte sie um jeden Preis retten", erinnert sich Béa. Doch Béa wurde von ihrem Mann und den beiden weiteren aus dem Gründungsteam überstimmt. Kurz darauf musste die Tollabox Insolvenz anmelden. "In mir war so viel Wut! Und diese Wut richtete sich in diesem Moment vor allem gegen meinen Mann."

Das emotionale Drehbuch: Ebenen sind emotional nicht wirklich trennbar

Beraten Businesspaare: Angela und Dieter Ehrenreich.
Beraten Businesspaare: Angela und Dieter Ehrenreich.

"Natürlich wünschen wir uns, wir könnten in schwierigen Situationen die Dinge auf einer sachlichen Ebene belassen", erklärt der Salzburger Paarberater Dieter Ehrenreich. Wir sagen uns, die Sache selbst habe nichts mit unserer Emotion zu tun, "ich denke aber, das ist einer unserer größten Irrtümer". Mit seiner Frau Angela begleitet er Paare vor allem dann, wenn es in der Beziehung herausfordernd wird.

"Eine Paarberatung ist für Gründerpaare eine gute Idee."
Dieter Ehrenreich
Berater, Trainer, Coach

Viele Paare, die die Praxis Ehrenreich aufsuchen, sind sowohl privat als auch unternehmerisch verbandelt. Zunächst suchen sie geschäftlichen Rat. Im Businesscoaching wird dann oft klar, dass zuerst die emotionale Ebene Aufmerksamkeit braucht. Denn was sich auf der Paarebene zeigt, spiegelt sich unweigerlich auf der Unternehmensebene wider. Kommen Kinder hinzu, dann mischt zusätzlich die Elternebene mit. "Wir helfen, zunächst ein Bewusstsein für diese drei Ebenen zu schaffen. Dann versuchen wir, sie getrennt voneinander zu betrachten. Gleichzeitig müssen wir aber akzeptieren, dass sie emotional nicht wirklich trennbar sind."

"Schieb mal deine Emotionen weg", hört Angela Ehrenreich besonders oft von Männern in der Praxis. Doch das sei weder möglich noch sinnvoll. Viel besser wäre es, sich das darunterliegende emotionale Drehbuch genauer anzuschauen. "Wenn wir in der Lage sind, die Wahrnehmung für unsere eigenen Gefühle zu schärfen, dann haben wir für den Konfliktfall schon gut vorgesorgt."

Die Ehrenreichs wissen, wovon sie sprechen. Immerhin sind sie selbst seit 23 Jahren ein Paar mit drei Kindern und einem Beratungsunternehmen. Nach der Gründung war für Angela und Dieter klar: Die gemeinsame betriebliche Tätigkeit dürfe ihr "Wir" nicht gefährden. "In so einem Fall würden wir die unternehmerische Beziehung auflösen."

Will ein Paar gründen, sollte es sich im Vorfeld solche Gedanken machen

Was tun wir, wenn die unternehmerische Tätigkeit Einfluss auf unsere Paarbeziehung nimmt?

"Vor einer Gründung gehen wir ja auch zur Bank und lassen uns beraten. Genauso wäre eine Begleitung in Form einer Paarberatung eine gute Idee", empfiehlt Dieter Ehrenreich, "immerhin steht viel mehr als nur der wirtschaftliche Erfolg auf dem Spiel." Bleibt der wirtschaftliche Erfolg aus, dann könne das die Paarbeziehung zusätzlich belasten. "Ab der gemeinsamen Gründung wird man ja nicht mehr allein arbeitslos." Das Risiko existiert ebenso in die andere Richtung: Scheitert die Beziehung, dann ist auch die Firma in Gefahr.

Verarbeitung in einem Kinderbuch: Oli wird doch nicht zu Löwenfutter

Béas Wut hat die Beziehung zu Oliver letztlich nicht zerrissen. Um das Erlebte zu verarbeiten, schrieb sie das Kinderbuch "Oli Löwenfutter" und illustrierte es gemeinsam mit ihrer Tochter. Weil Oli etwas tut, das seine Freundin nicht mag, will sie ihn in der Geschichte an wilde Tiere verfüttern. So wird Oli zum Bärenschmaus, zu Krokodilknusper und schließlich zu Löwenfutter. Doch die Tiere machen dem Mädchen in der Geschichte klar, wie es seinen Ärger abbauen kann. Sie wollen Oli nicht fressen, viel lieber möchten sie die Gefühle des Mädchens verspeisen. "Den fressen wir nicht", schnurrt etwa der Leopard, als Oli zum Leopardenlolli werden soll. "Gib uns lieber ein Stück von deinem Missmut." Und so schmeißt das Mädchen seine negativen Gefühle den Tieren zum Fraß hin, von Wut bis hin zum Zorn und Verdruss. Bis am Ende nur mehr Gefühle wie Liebe und Freundschaft übrig bleiben. Dann erkennt das Paar zusammen neue Perspektiven.

Gemeinsam gegründet haben die Bestes nicht mehr. Doch sie achten seit der Insolvenz viel mehr auf das, was ihnen als Paar guttut: "Wir lieben beide Wärme und Licht und haben deshalb beschlossen, die Hälfte des Jahres auf Teneriffa zu verbringen."