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Die Entwaffnung der Raser ist eine Sisyphusarbeit

Wer sich für mehr Sicherheit im Straßenverkehr einsetzt, braucht einen langen Atem - und muss dabei in Kauf nehmen, immer wieder von vorn anfangen zu müssen.

Christian Sprenger
(Schutz-)Engelsgeduld ...
(Schutz-)Engelsgeduld ...

Als die eine mit erst 20 Jahren starb, war die andere gerade einmal etwas mehr als dreieinhalb Jahre alt.

Die eine - das war Sigrun Benesch, niedergefahren als Fußgängerin in Salzburg in der Nacht auf den 10. Jänner 1996 von einem Autolenker, der fast zwei Promille Alkohol intus hatte.

Die andere - das war Katrin Koch, als Beifahrerin im Alter von 27 Jahren zu Tode gekommen bei einem am 10. April 2020 in Eugendorf von einem Autoraser verursachten Frontalunfall.

Die Mütter der beiden jungen Frauen gingen nach diesen furchtbaren Unfällen an die Öffentlichkeit - um diese aufzurütteln. Viele Menschen werden sich noch an die Aufkleber nach Sigrun Beneschs Tod erinnern: "Alkohol am Steuer - ich bin tot".

Sabine Peterbauer, die Mutter von Katrin Koch, fand im Kampf gegen Autoraserei viele Mitstreiter und Verbündete, auch in der Politik, wie den Salzburger Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP). Seit Freitag ist nun der letzte Teil jenes Raserpaketes in Kraft, um das jahrelang gerungen wurde: Die Behörden dürfen extremen Tempobolzern die Autos abnehmen, sie quasi entwaffnen, wie Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) meinte.

Und ja, es gibt dagegen rechtliche Bedenken (Eingriff in das Eigentum). Und ja, es wird im Gefolge einer Fahrzeugabnahme wohl Einsprüche und Verfahren geben. Und ja, es gibt grundsätzliche Zweifel ob der Wirksamkeit dieser Strafverschärfungen.

Die Maßnahme trifft jedoch den Kern der Sache: Ein Raser braucht zum Rasen keinen Führerschein, sondern ein Auto.

Damit ist dem Raser zumindest vorübergehend das Mittel entzogen. Den Ursachen für Rasen oder für Trunkenheitsfahrten ist mit Strafen aber kaum beizukommen: mangelnde Rücksicht auf andere und fehlendes Unrechtsbewusstsein. Hier den Hebel anzusetzen ist mühsam.

Der andauernde Kampf gegen Alkohol und mittlerweile immer öfter gegen Drogen am Steuer, der ständige Kampf gegen das Autorasen erinnern deshalb an die Figur des Sisyphus aus der griechischen Mythologie: Dieser musste einen Felsblock einen Berg hinaufwälzen. Kurz vor dem Gipfel entglitt ihm der Block, dieser rollte ins Tal, Sisyphus musste von vorn anfangen.

Wieder und wieder.

Sisyphus ist eine Fiktion, seine Tätigkeit war eine Bestrafung. Sigrun Benesch und Katrin Koch sind hingegen Realität. Und beide hatten nichts angestellt. Sie waren angehende Volksschullehrerinnen - und wer weiß, ob sie nicht auch Kolleginnen geworden wären? Das Schicksal in Form zweier Verkehrsrowdys hat dies verhindert.

Die beiden jungen Frauen stehen hier stellvertretend für viele andere Opfer im Straßenverkehr. 36 Menschen starben beispielsweise im Vorjahr im Bundesland Salzburg bei Verkehrsunfällen - doppelt so viele wie im Jahr davor. Wie sich 2024 entwickeln wird, ist höchst ungewiss. Pietät und Respekt vor diesen Menschen und ihren Angehörigen gebieten es aber, den Kampf um mehr Sicherheit fortzuführen.

Wieder und wieder.

KOMMENTARE (1)

Elisabeth Moser

Aber es gibt ja schon einen kleinen Erfolg. Die Einführung der Video-Überwachung auf der B 156 hat schon geholfen. Was ich weiß, hat es seitdem keine Unfälle mit Toten gegeben und ich bin die Strecke fast 20 Jahre lang gefahren, es war eine Todesstrecke. Heute keine extremen Überholmaßnahmen, keine Raser die sich knapp vor dir einreihen müssen. Also, weiter so mit dem Kampf.
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