SN.AT / Leben / Wohnen

Immobilienteilverkauf: Wohnrecht statt Eigentum

Gerade ältere Menschen verkaufen ihr Eigentum und bleiben via Wohnrecht im Objekt. Neu: Der Kauf eines Wohnrechts auf Zeit bietet günstige und sichere Wohnmöglichkeiten.

Das wünschen sich viele: mit einem finanziellen Polster abgesichert in den eigenen vier Wänden bleiben zu können.
Das wünschen sich viele: mit einem finanziellen Polster abgesichert in den eigenen vier Wänden bleiben zu können.

Die Österreicherinnen und Österreicher im Alter zwischen 50 und 75 Jahren wünschen sich für den Ruhestand finanzielle Unabhängigkeit und so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden leben zu können. Geistige und körperliche Fitness steht auf der Liste der immateriellen Wünsche naturgemäß ganz oben. Das zeigt eine Umfrage von Engel & Völkers LiquidHome. Bei den materiellen Wünschen rangiert demnach neben der finanziellen Unabhängigkeit und Absicherung, unter anderem für etwaige Pflegebedürftigkeit und Reisewünsche, die Sanierung der eigenen Immobilie bereits an vierter Stelle.

Als Bremsfaktoren für die Umsetzung der Zukunftspläne im Alter werden fehlende finanzielle Mittel in Kombination mit aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen genannt. Interessant ist, dass sich die 50- bis 60-Jährigen stärker vor Geldnöten im Alter fürchten als die Altersgruppe der 61- bis 75-Jährigen. Nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang, dass Hauseigentümer sich weniger Sorgen um Altersarmut machen als Menschen, die in Miete wohnen.

"Wir bieten eine Variante mit laufender Miete, das ist flexibler."
Franz Hörhager
GF Bambus Immobilien GmbH

Die Finanzierung von Plänen oder Lebenshaltungskosten soll am liebsten durch Sparen oder das Aufbrauchen von eigenen Ersparnissen erfolgen. Die eigenen Kinder bei finanziellen Engpässen zur Kasse zu bitten ist keine Option. Eine Kreditaufnahme oder ein Komplettverkauf der eigenen Immobilie ist für diese Altersgruppe ebenso keine Alternative.

(Teil-)Verkauf des Eigenheims mit Wohnrecht

Doch es gibt seit wenigen Jahren eine andere Option: den (Teil-)Verkauf der eigenen Immobilien mit der Option, darin weiter wohnen zu können. "Für viele Menschen bedeutet der Pensionseintritt auch einen Rückgang an Liquidität, mit dem es schwierig wird, den gewohnten Lebensstandard zu halten", erläutert Gerald Beirer, Geschäftsführer der EV LiquidHome GmbH. Die eigene Immobilie zur Gänze zu verkaufen, um so mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben, komme aber für die wenigsten infrage. Ein Immobilienteilverkauf im Falle unerwarteter finanzieller Bedürfnisse stelle deshalb eine bevorzugte Option dar. "Der Hauptvorteil des Immobilienteilverkaufs wird mit 48 Prozent im lebenslangen Wohnrecht gesehen. 32 Prozent sehen darin die Finanzierungsmöglichkeit einer Pflegebetreuung in den eigenen vier Wänden, für 31 Prozent ist der Immobilienteilverkauf eine gute Alternative zu einer Hypothek oder einem Kredit", erklärt Beirer.

Bambus ist ein neuer Anbieter

Neben Anbietern wie Engel & Völkers drängen auch andere Unternehmen in diesem Sektor auf den Markt. "Die meisten unserer Kunden wollen ihr Vermögen umstrukturieren, etwa für die Kinder, um damit nach dem eigenen Ableben Streit zu vermeiden", sagt Franz Hörhager, Geschäftsführer des Start-ups Bambus Immobilien GmbH. Ein weiterer Grund ist der Umbau etwa für altersgerechtes Wohnen oder für eine energetische Sanierung. Vor allem aber das Thema Pflege lässt manch ältere Semester einen Teilverkauf überlegen, um bis zum Schluss daheim leben zu können. "Bei den meisten ist es eine Vermischung mehrerer Gründe", sagt Hörhager. "Wir bieten eine Variante mit laufender Miete, das ist flexibler. Dabei kann man jederzeit auch die Option ziehen, das gesamte Objekt zu verkaufen oder auch den ehemals eigenen Anteil wieder zurückzukaufen."

Die Möglichkeiten seien verschieden, benötigen aber viel Beratungsaufwand. Konkret kauft Bambus - mithilfe finanzstarker Investoren - bis zu maximal die Hälfte eines Einfamilienhauses. Dafür bekommt der Verkäufer neben dem Kapital auch ein Fruchtgenussrecht im Grundbuch, kann also über die gesamte Immobilie frei verfügen, muss aber für den abgegebenen Teil eine monatliche Nutzungsgebühr zahlen.

"Der Kauf eines Wohnrechts ist eine tolle Alternative zum Immobilienkauf."
Elisabeth Rauscher
GF Team Rauscher Immobilien

Wer es sich dann anders überlegt, kann auch wieder zurückkaufen

So wie vor dem Verkauf wird dazu ein neues Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen als Basis verwendet. Das gilt auch für die Kinder, im Fall des Todes. Sie können dann entweder die Hälfte zurückkaufen oder ihre Hälfte an Bambus veräußern. Hörhager: "Wir sind deshalb auch im Vorfeld schon stark daran interessiert, die Kinder miteinzubeziehen, um klarzustellen, was im Todesfall passiert. Wir sind da ein sehr professioneller Partner."

Erfahrungen mit solchen Modellen des Immobilienverkaufs bei gleichzeitigem Wohnrecht hat Elisabeth Rauscher vom Team Rauscher, die für den Anbieter Deaurea als Partnerin in Salzburg aktiv ist. "Start war Mitte 2021, wir sind für Salzburg und das Salzkammergut zuständig", sagt Rauscher. "Seither hat Deaurea in ganz Österreich 147 Objekte gekauft mit einem Volumen von 222,7 Millionen Euro. Davon entfallen allein auf Salzburg 49 Objekte für 83 Millionen Euro."

Wie sieht das Modell von Team Rauscher konkret aus?

"Wir bewerten ein Objekt und ermitteln den Wert", sagt Rauscher. Dann werden die Bedürfnisse des derzeitigen Besitzers, der derzeitigen Besitzerin erhoben: also wie lange man das Wohnrecht haben möchte. "Da gibt es befristete Möglichkeiten über 10 oder 15 Jahre oder auch ein lebenslängliches Wohnrecht", erläutert die Expertin. Dann wird der Wert des Wohnrechts auf Basis einer fiktiven Nettomiete errechnet und vom Gesamtwert der Immobilien abgezogen. "Das ist dann der auszuzahlende Betrag." Bisher halten sich lebenslängliches und befristetes Wohnrecht etwa die Waage. Der Verkäufer (bisheriger Altersdurchschnitt 70,2 Jahre) könne die Immobilie weiter nutzen, als ob er Eigentümer wäre. Probleme im Erbfall sieht Rauscher nicht, denn "meistens weiß die Familie davon, gerade wenn Kinder oder Enkel finanziell bedacht werden"

Wohnrechtskauf ist Win-win-Situation

Die Bewertung der Immobilie und auch die Berechnung der fiktiven Monatsmiete erfolgten in Salzburg durch Rauschers Firma. Wenn es der Verkäufer wünsche, werde natürlich ein beeideter Gutachter beigezogen.

Neu bei Deaurea ist, dass man nun in solchen Objekten auch Wohnrecht erwerben kann. "Bei einigen unserer Objekte ist das Wohnrecht erloschen. Nun können neue Personen eines erwerben, das ins Grundbuch eingetragen wird." Das sei eine tolle Alternative zum klassischen Kauf. "Denn man braucht nur zirka ein Drittel des Kapitals gegenüber einem Kauf." Das sei für alle Beteiligten eine Win-win-Situation, sagt die Maklerin: Der Immobilienbesitzer, die Immobilienbesitzerin sind im Grundbuch abgesichert und bekommen für das Wohnrecht sofort einen fixen Betrag. Der Wohnrechtskäufer ist ebenfalls grundbücherlich abgesichert und kann über den ausgemachten Zeitraum fix in dem Objekt wohnen, ganz ohne Mietvertrag oder Angst vor "Eigenbedarf". In zwei Häusern und zwei Wohnungen wurde dieses Modell bereits Realität.