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Ist das Eigenheim noch eine Option?

Die Salzburger Landesregierung arbeitet an einer neuen Wohnbauförderung. Inzwischen machen hohe Immobilienpreise, steigende Zinsen und strengere Auflagen bei der Kreditvergabe die Finanzierung zur Herausforderung.

Viele Österreicher sehen die Schaffung von Wohnraum und die Suche nach einer geeigneten Immobilie derzeit als große Herausforderung.
Viele Österreicher sehen die Schaffung von Wohnraum und die Suche nach einer geeigneten Immobilie derzeit als große Herausforderung.
Christoph Leinberger rät dazu, die Wohnfinanzierung unbedingt von einem Bankberater durchrechnen zu lassen.
Christoph Leinberger rät dazu, die Wohnfinanzierung unbedingt von einem Bankberater durchrechnen zu lassen.

Nach wie vor gehört ein Haus oder eine Eigentumswohnung für viele junge Menschen zum Lebensplan. Doch die Situation am Wohnbau- und Immobilienmarkt ist nicht einfach. Die "Salzburger Nachrichten" baten Christoph Leinberger, Abteilungsleiter Privat- und Geschäftskunden beim Raiffeisenverband Salzburg, um seine Einschätzung, was in dieser Situation für eine solide Finanzierung zu tun ist.

SN: Ist Wohneigentum angesichts der extrem hohen Immobilienpreise überhaupt noch leistbar?
Christoph Leinberger: Es ist sicher herausfordernd, sich in Salzburg Wohneigentum zu schaffen. Letztlich kommt es aber immer auf den Einzelfall an, auf Lage, Preis, Eigenmittel. Die Stadt Salzburg ist anders zu betrachten als eine Region in der Peripherie. Aber generell muss man sagen: Salzburg war, ist und wird ein teures Pflaster bleiben.

SN: Soll man eine Trendumkehr bei den Immobilienpreisen abwarten?
Dazu kann ich nicht raten. Die eine oder andere günstigere Möglichkeit wird zwar kommen, aber wir sehen keine durchgängige Marktbewegung nach unten, was die Stadt und das Bundesland Salzburg betrifft. Und was man vor allem noch beachten muss: Die Bautätigkeit ist zurzeit sehr gedämpft. Es liegen Projekte auf Eis und damit wird es in Zukunft weniger Angebot geben.

SN: Wie ist grundsätzlich die aktuelle Entwicklung am Immobilienmarkt?
Das hängt von den einzelnen Segmenten ab. Bei Wohnbauten stellen wir von Raiffeisen ein wenig mehr Nachfrage als in den vergangenen Monaten fest. Möglicherweise, weil sich die Menschen auf die jetzige Situation eingestellt haben. Einen tatsächlich massiven Einbruch gibt es bei den klassischen Anlegerwohnungen, die aufgrund der Niedrigzinsphase in den vergangenen Jahren boomten.

SN: Sind Immobilien keine sicheren Geldanlagen mehr?
Doch, aber das Anlageobjekt Immobilie ist nicht mehr so nachgefragt, weil es auch wieder andere Anlageprodukte gibt, die Erträge oder Zinsen abwerfen: Sparbücher, Wertpapiere, fix verzinste Anleihen etwa. Man darf nicht vergessen: Wer in Immobilien investiert, geht auch Mehraufwand und Risiken ein, etwa bei der Vermietung. Das wird bei den Entscheidungen jetzt verstärkt miteinbezogen.

SN: Sind Banken und Wohnbaugesellschaften Preistreiber?
Die Kritik ist völlig unberechtigt, weil wir uns nach dem gestiegenen Marktzins (Anm.: durchschnittlicher Zinssatz auf dem Kapitalmarkt) richten müssen. Die Zinsen wurden ja von der Europäischen Zentralbank (EZB) angehoben, um die Inflation zu drücken. Was die Wohnbauträger betrifft, fehlt mir der Einblick, aber letztendlich haben sie natürlich ebenso mit Preisanstiegen zu kämpfen. Grundstücke sind ein zunehmend rares Gut in Salzburg und das hat seinen Preis.

"Eigentum ist die beste Absicherung gegen Inflation"
Christoph Leinberger
Raiffeisen

SN: Was empfehlen Sie, um sich vor Inflation abzusichern?
Der Eigenheimerwerb ist die beste Absicherung gegen Altersarmut und Inflation. Warum? Erstens ist die zurückzubezahlende Kreditsumme nicht indexangepasst. Ist das Haus abbezahlt, hat man überschaubare Fixkosten. Wir versuchen deshalb, jede Finanzierung auf das Pensionsantrittsalter abzustellen. Miete ist dagegen üblicherweise indexiert. Das heißt, dass man auch im Alter von Mietsteigerungen betroffen ist. Zweitens unterliegt der Wert einer Immobilie Marktpreisschwankungen, das heißt, damit sind auch inflationsbedingte Wertsteigerungen möglich. Aus diesen beiden Gründen ist die Schaffung von Eigentum die beste Absicherung gegen Inflation.

SN: Wie kann man die eigenen Risiken bei der Finanzierung minimieren?
Am besten, indem man sich bei jeder Finanzierung über Fixzinsen und Laufzeiten beraten lässt. Fixzinsen heißt nicht, dass ich über die gesamte Laufzeit Fixzinsen habe. Es gibt jetzt Konstellationen, in denen der teilweise Umstieg von einer variablen Finanzierung zu einer fixen Verzinsung sinnvoll ist, weil der langfristige Zinssatz zurzeit unter dem kurzfristigen Zinssatz liegt. Das kann dazu führen, dass eine fünfjährige Fixzinsbindung günstiger ist als die variable Dreimonatsbindung.

SN: Bei der Vergabe von Wohnkrediten gelten seit dem Vorjahr strengere Auflagen. Was muss man wissen?
Es gibt drei Kennzahlen, die einzuhalten sind. Eine Schuldentilgungsdauer von maximal 35 Jahren, maximal 40 Prozent des Haushaltseinkommens dürfen für die Schuldentilgung herangezogen werden und man braucht rund 20 Prozent Eigenmittel. Damit ist das System deutlich starrer geworden und die Wohnbaufinanzierung mittlerweile ein komplexes Geschäft. Auf keinen Fall sollte man gleich die Flinte ins Korn werfen, sondern sich unbedingt den Einzelfall von einem Bankberater des Vertrauens durchrechnen lassen.

SN: Warum die strengeren Kriterien?
Die Absicht war, eine Immobilienblase (Anm.: überdurchschnittlicher Anstieg der Immobilienpreise über Jahre hinweg) zu vermeiden. Österreich war europaweit im Fokus. Nur hat sich das Thema mittlerweile erledigt. Wir haben zwar nach wie vor hohe Immobilienpreise, aber auch steigende Zinsen. Das macht es für unsere Kunden schon schwer genug, sich Eigentum anzuschaffen. Und jetzt kommt noch dieser Formalismus dazu, der Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des Kunden verkompliziert.

SN: Wie wirkt sich das auf den Markt aus?
Wir haben einen massiven Rückgang an Finanzierungsanfragen gegenüber dem Vorjahr. Klar ist: Wir kommen aus einer Boomphase, aber es ist trotzdem ein massiver Einschnitt.

SN: Sind die Regeln für Kreditvergaben zu streng?
20 Prozent Eigenkapital sind sicher das Optimum. Bei meiner Bank-Grundausbildung vor 15 Jahren waren es noch 30 Prozent. Was die Rückzahlungsraten betrifft, kommt es auf die Lebenssituation an. Die gesetzlich vorgegebenen 40 Prozent sind ein guter Durchschnittswert. Es gibt Einzelfälle, in denen 50 oder 60 Prozent Rückzahlungsraten passend wären, aber diese Kredite dürfen wir nicht gewähren. Zu erwartende steigende Einkommen, ein Erbe, das einmal fällig wird, oder Nachfahren, die in absehbarer Zeit zum Haushaltseinkommen beitragen werden, können nicht für die Berechnung der Schuldentilgungsquote herangezogen werden.

Da würden wir uns als Bank die Möglichkeit für ein "perspektivischeres Draufschauen" im Sinne der Kunden wünschen.