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Rückbesinnung in der Architektur

Laura Hochhäusl nimmt als Architektin Anleihen aus dem klassischen Repertoire und setzt sie in einen zeitgenössischen Kontext.

Laura Hochhäusl vereint Tradition mit Innovation.
Laura Hochhäusl vereint Tradition mit Innovation.
Genaues Hinschauen ist Teil des Handwerks.
Genaues Hinschauen ist Teil des Handwerks.

Ideen aus der Ferne, Inspirationen von beinahe überall auf der Welt: Eigentlich könnte sich Laura Hochhäusl als Architektin austoben. Doch sie lacht und winkt ab: "Was in Brasilien ein echter Wohntraum ist, funktioniert bei uns nicht. Für uns Architekten ist es nicht ratsam, ein Seismograf für internationale Trends zu sein, denn wenn Trends umgesetzt werden, sind diese meist schon wieder alt."

Wer in der Nonnberggasse am Büro der Architekten und Ziviltechniker Hochhäusl und Moosbrugger vorbeispaziert, bleibt mit ziemlicher Sicherheit an der Beleuchtung des modernen Büros hängen. Fünf minimalistische Lichtringe, die ineinandergreifen und von der Decke hängen, sind markante Blickfänge. "Tradition und Innovation sind grundlegende Begriffe für mich. Allein die Neuerungen in der Technik müssen wir aufgreifen", sagt Laura Hochhäusl.

Architektin setzt auf Handwerkskunst und Regionalität

In ihrer Branche beobachtet sie derzeit jedoch eine starke Rückbesinnung auf das Handwerk und auf Regionalität. "Wir haben eine schöne Baukultur. Als Architektin nehme ich Anleihen aus dem klassischen Repertoire und setze sie in einen zeitgenössischen Kontext." Wie das funktioniert? In erster Linie durch genaues Hinschauen, berichtet die Salzburgerin. Sie sei viel im historischen Umfeld unterwegs - nicht nur im eigenen Büro, das selbst in einem geschichtsträchtigen Haus liegt. "Meist geben die Umgebung oder der Bauplatz ein spannendes Feld her und die Inspiration fließt." Danach folgen intensive Gespräche mit den Bauherren. Wünschen und Vorstellungen räumt Hochhäusl mit ihrem Team hier ausreichend Platz ein.

Gibt es weibliche Architektur?

Laura Hochhäusl ist eine von vielen Frauen, die Architektur studiert haben - und sie ist eine von wenigen Frauen, die in diesem Berufsfeld reüssieren. Zehn Kommilitonen starteten mit ihr an der Wiener Akademie der bildenden Künste ins Studium; klassischerweise ist die Ausgewogenheit der Geschlechter in diesem Fach durchaus gegeben. Anders sieht es nach Abschluss der Ausbildung aus: Laut Architektenkammer gibt es in Salzburg derzeit 385 aufrechte Befugnisse. Nur 35 davon halten Frauen. Bei den Ziviltechnikerinnen ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern am deutlichsten sichtbar. Von den 35 Frauen ist nur eine Frau Vermesserin und Statikerin. Auf Bundesebene stellt sich der Sachverhalt nicht viel anders dar. "Als ich die Ziviltechnikerprüfung angefangen habe, dachte ich, dass es das ja nicht geben könne, dass mit mir nur eine einzige andere Frau die Kursvorbereitung macht", erinnert sich Hochhäusl. Das Architekturbüro hat sie schließlich von ihrem Vater übernommen, "ein Glück", wie sie erzählt.

Überwindung von Rollenklischees in der Architektur

Auf die Frage, ob Frauen anders planen als Männer, schüttelt sie nach kurzem Nachdenken den Kopf. Sie erinnert daran, dass noch vor ein paar Jahren gerne mit Geschlechtszuschreibungen gearbeitet wurde sowie mit Attributen. Demnach wurde Frauen eine geschwungene Handschrift zugedacht. Ein Trugschluss: "Frank Gehry hat mit runden Formen gearbeitet, wird also erst weiblich wahrgenommen, obwohl er ein Mann ist. Zaha Hadid hingegen baut Monumentales und als Betrachter wirkt ihr Werk eher männlich. Rollenklischees sind also fehl am Platz", sagt die Salzburgerin.

"Rollenklischees sind in der Architektur fehl am Platz"
Laura Hochhäusl
Architektin

Die persönliche Handschrift in der Architektur

Ein Grundrezept, wie man Projekten eine persönliche Handschrift verleiht, gibt es für Laura Hochhäusl nicht. Sie habe sich im Laufe ihres Werdegangs ein architektonisches Vokabular angeeignet, das Wiedererkennungsmerkmale beinhaltet. "Ich schaue auf Gebäudeordnungen und Aufteilungsprinzipien und setze sie in einen modernen Kontext. Bei unseren Projekten lege ich Wert auf ein schönes Spannungsfeld zwischen zeitgenössischem Interieur und klassisch architekturgebundenen Elementen." Der Weg zur Meisterarchitektin beziehungsweise zum Meisterarchitekten sei von vielen Faktoren abhängig, sagt sie mit einem Schmunzeln und weist darauf hin, dass das Meisterklassensystem auf Hochschulen praktiziert wird. Dort übernehmen Schülerinnen und Schüler die Handschrift ihrer Vorbilder und ändern sie nur minimal ab - wenn überhaupt. "Nicht alle bekommen Aufträge für Monumentalbauten, aber es müssen ja auch nicht alle Stararchitekten werden", sagt sie und warnt, dass Architekten nicht versuchen sollen, als geniale Einzelfiguren aufzutreten, um sich zu verwirklichen. Immerhin spiele die Zusammenarbeit mit Gewerken und Handwerkern eine zentrale und tragende Rolle. "Bei einem Bau sind mindestens so viele Menschen beteiligt, wie wir bei großen Hollywoodfilmen im langen Abspann finden", gibt sie zu bedenken.

Heimisches Material punktet

Inspiration findet Laura Hochhäusl jedenfalls stets in der Umgebung, wenn sie Ausschau nach diversen Stilelementen hält. Mit einem Blick aus dem großzügigen Fenster ihres Büros spricht sie über die Fassadengliederung im Nonntal, von verschiedenen Putzen, Seitenlisenen und Loch- statt Glasfassaden. Sofort ist sie am Analysieren und sagt, dass ihr umstehende Gebäude schon viel Aufschluss und Hinweise geben. "Oft erkennt man an der Fassade schon, wo das Wetter herkommt. Dann können wir reagieren und Verwitterungsseiten mit passenden Materialien verkleiden und uns Gedanken über die Gebäudeform machen. Wie bilde ich geschütztere Bereiche, wie gehe ich die Gebäudepositionierung an, die Dachausrichtung und das Raumprogramm?" Hochhäusl ist wichtig, den Grundriss gut auszuformulieren, damit er später auch auf eine Nutzungsänderung reagieren kann. "Gebäude überdauern uns ja. In dieser Zeit ändern sich die Bedürfnisse jener Menschen, die in ihnen wohnen, vielleicht mehrfach." Und weil ihr wichtig ist, auf Gegebenheiten einzugehen, berichtet sie von einem Projekt, bei dem ein Baum gefällt werden musste. Dennoch wird er ins neue Domizil integriert: "Wir haben uns entschlossen, sein Holz zu verarbeiten und den Baum so ins Mobiliar aufzunehmen." Lokale Materialien seien ohnehin das Um und Auf bei zeitgemäßen, nachhaltigen Bauten. In Baden-Württemberg verwendet ihr Team den ortstypischen Muschelkalk, in Salzburg Adneter Marmor. "Das Hochwertige und Lokale sieht gut aus und altert schön", lautet ein Argument. Wissen, das Laura Hochhäusl bereits in etliche Projekte hat einfließen lassen; vom Supermarkt im Mozart-Geburtshaus über Gebäude am Obertrumer See bis hin zum Chaletdorf in der Steiermark.