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Finanzierung von Wohnimmobilien: Wie kommen Junge zu Eigentum?

Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher sucht Wohnraum im Eigentum. Gerade bei der Finanzierung - Stichwort Eigenkapital - sind aktuell viele Punkte zu berücksichtigen. Vier Kernfragen sind für die erfolgreiche Finanzierung von Wohneigentum zu beantworten.

Hat man genügend Eigenkapital auf der hohen Kante?
Hat man genügend Eigenkapital auf der hohen Kante?

Österreich gilt als "Häuslbauernation". Laut der Wohnbau-Studie 2023 von Integral ist der Wunsch nach Eigentum in Österreich ungeachtet aller wirtschaftlichen Turbulenzen nach wie vor groß: 64 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wollen in Eigentum leben. Auch viele Jungakademikerinnen und Jungakademiker träumen von den eigenen vier Wänden: Laut der von Marketagent in Auftrag von FiP.S im Jänner 2023 durchgeführten Studie "Jungakademiker:innenmonitor 2023" ist der Erwerb einer Immobilie für Wohnzwecke gleich nach materieller Absicherung für das Alter deren wichtigstes Finanzziel. Neben der Eigennutzung sahen mehr als 40 Prozent der Befragten eine Immobilie außerdem als interessante Geldanlage zur persönlichen Vermögensvorsorge.

Was jedoch für viele ältere Österreicherinnen fixer Bestandteil der Lebensplanung war, wird durch stark gestiegene Lebens- und Finanzierungskosten, wirtschaftliche Volatilität und strenge Kreditvergaberichtlinien für Jungakademiker enorm erschwert. Damit der Traum dennoch gelingen kann und gleichzeitig finanzieller Weitblick bewahrt wird, unterstützen Organisationen wie FiP.S (ein Linzer Spezialist für Karriere und Finanzplanung für Jungakademiker:innen) die jungen Menschen.

"Die Finanzierung einer Wohnimmobilie darf nie auf die leichte Schulter genommen werden."
Stefan Rapp
FiP.S Jungakademikerberatung

Der Erwerb von Wohnungseigentum ist laut einer Untersuchung der Statistik Austria in knapp 40 Prozent der Fälle mit der Aufnahme eines Kredits verbunden. Besonders wichtig dabei ist, die langfristigen Effekte von variablen und fixen Zinsen nicht zu unterschätzen. Gemäß Daten der Oesterreichischen Nationalbank ist der Anteil von variablen Finanzierungen im Neugeschäft trotz der gestiegenen Leitzinsen nicht gesunken, sondern vielmehr von 47,2 Prozent im vierten Quartal 2022 auf 57,5 Prozent im ersten Quartal 2023 gestiegen. Steigen Kreditzinsen weiter an, verteuert sich auch die Finanzierung ad hoc und kann dadurch zu bitterem Erwachen führen.

"Die Finanzierung einer eigenen Wohnimmobilie darf niemals auf die leichte Schulter genommen werden. Die jüngsten Zinsentwicklungen lassen darauf schließen, dass vielen insbesondere der Unterschied zwischen fixer und variabler Darlehensverzinsung zu wenig bewusst ist und Privatpersonen unnötig starke finanzielle Risiken eingehen", warnt Stefan Rapp, geschäftsführender Gesellschafter von FiP.S. Dass finanzielle Bildung und Beratung in wirtschaftlichen Schön- wie Schlechtwetterphasen essenziell sind, macht die turbulente Entwicklung rund um Wohnbaukredite mit teils stark gestiegenen Kreditraten bis hin zur Gefahr von Überschuldung deutlich. "Aus Beratungsgesprächen mit Jungakademikerinnen und -akademikern wissen wir, vor welchen Hürden sie bei der Finanzierung eines Eigenheims im aktuellen Umfeld stehen. Damit der Erwerb von Wohneigentum zu wirtschaftlich sinnvollen Konditionen mittel- und langfristig realisierbar ist, ist eine umfassende und vorausschauende Finanzplanung erforderlich. Hier unterstützen wir durch persönliche Beratung", betont Rapp.

Vier Kernfragen, die es vor dem Kauf einer Wohnimmobilie zu beantworten gilt

Damit das meist größte finanzielle Vorhaben des Lebens erfolgreich ist, braucht es Antworten auf vier Kernfragen:

1. Ist ein Kauf von Wohneigentum überhaupt sinnvoll?

Zunächst mag diese Frage irritieren, doch es ist essenziell, sich Gedanken zu machen, ob eine eigene Wohnimmobilie auch wirklich Sinn ergibt und mit den eigenen finanziellen und persönlichen Vorstellungen übereinstimmt. Kaufen ist nicht in allen Fällen günstiger als mieten. So war in Wien von 1990 bis 1998 noch der Kauf günstiger, infolge stark gestiegener Immobilienpreise ab 2008 bis 2022 hat sich dieser Trend jedoch etwas gedreht. Deshalb sollte jedes Investment in Wohneigentum individuell durchkalkuliert und mit einer alternativen Miete verglichen werden.

Darüber hinaus muss klar sein: Der Erwerb von Wohneigentum ist ein sehr langfristiger Prozess. Hier gilt es wesentliche Faktoren wie die Entwicklung von Immobilienpreisen, den Zustand der erworbenen Immobilie, die Attraktivität der Lage und des Umfelds oder auch Änderungen von Wohnbedürfnissen, dem Einkommen, aber auch persönlichen Familienverhältnissen in Überlegungen einzubeziehen, und zwar über einen sehr langen Zeitraum. Das betrifft bei Jungakademikerinnen insbesondere auch Zeiten, in denen das Einkommen temporär sinken kann - etwa durch Karenz oder Weiterbildungen - und entsprechende finanzielle Spielräume geschaffen werden müssen. Der Blick auf vergangene Entwicklungen sowie Prognosen von Experten bieten zwar Orientierung, doch die Zukunft kann niemand mit Sicherheit voraussehen.

2. Was gibt es bei der Finanzierung einer Wohnimmobilie zu beachten?

Die Eckpfeiler einer Immobilienfinanzierung sind die Eigenmittel, nach Möglichkeit Förderdarlehen und unterschiedliche Arten von Krediten. Laut den Finanzexperten von FiP.S ist es jedoch schwierig, eine pauschale Aussage über die Höhe der Eigenmittel zu treffen. Generell gilt: Je höher die Eigenmittel für selbst genutztes Wohneigentum, umso besser das Gesamtbild für die Finanzierung. In der Praxis sind viele Jungakademiker, die sich am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn befinden, auf Unterstützung der Familie angewiesen. Wesentliches Kriterium jeder Fremdfinanzierung ist die Bedienbarkeit der Kreditrate. Denn die Anschaffung von Eigentum soll nicht mit jahrzehntelangem Verzicht einhergehen oder im schlimmsten Fall zur Überschuldung führen. Unterstützend kommen dabei einmalige Zuschüsse oder laufende Erleichterungen in Form von Förderdarlehen hinzu. Diese sind je nach Bundesland anders geregelt und sollten jedenfalls im Falle einer Anschaffung in Betracht gezogen werden.

3. Welche Kreditvarianten für Wohneigentum gibt es? Wann ist ein fixer und wann ist ein variabler Zins besser?

Im Wesentlichen gibt es zwei Kreditvarianten: das österreichische Bauspardarlehen und ein Bankdarlehen. Ersteres hat meist eine höhere Zinsuntergrenze sowie höhere variable Zinsen und weist gerade in Niedrigzinsphasen Nachteile gegenüber dem Bankdarlehen auf. Bei Bankdarlehen ist zwischen Krediten mit variablem und Krediten mit fixem Zinssatz zu unterscheiden. Variable Zinssätze sind meist bei Abschluss günstiger (aktuell ist das nicht der Fall), allerdings ist der Zinssatz nicht fixiert und kann folglich schwanken. Gerade in Phasen steigender Zinsen führt das zu erheblichen Mehrkosten.

Bei Fixzinsdarlehen ist das genau umgekehrt. Diese sind meist zu Beginn teurer (ganz aktuell aber sogar auch zu Beginn günstiger), jedoch ist das Zinsrisiko minimiert. Auf lange Sicht kann das große Einsparungen im Vergleich zu einem variablen Zinssatz bedeuten. "Entscheidet man sich für einen Fixzinskredit, dann ist bei fallendem Zinsniveau auch eine Umschuldung auf einen günstigeren Kredit möglich. Die Kosten dafür sind, im Vergleich zur Zinsersparnis, meist nicht so hoch, wie vielleicht vermutet wird", erklärt Stefan Rapp.

Für Privatpersonen eignet sich diese Variante aufgrund geringerer finanzieller Risiken meist besser. Rapp weist darauf hin, dass für die günstigsten Konditionen bei optimalem Risikomanagement immer die Zinsentwicklung sowie der Zeithorizont für die Kredittilgung berücksichtigt werden müssen.

4. Welche Kosten gibt es abseits vom Kaufpreis einer Immobilie zu beachten?

Der Preis der Immobilie ist einfach darzustellen. Doch es gibt weitere Kosten in Nebengebühren und Steuern, die es unbedingt zu beachten gilt. Dazu gehören eine etwaig fällige Maklergebühr, die Grundbucheintragungsgebühr, Finanzierungsgebühren sowie die Grunderwerbssteuer. Zusammen ergeben sich dabei Nebenkosten in der Höhe von rund zehn Prozent, die oftmals nicht von Anfang an mitbedacht werden. Hinzu kommen laufende Aufwände, wie Betriebs-, Instandhaltungs- und Energiekosten. Auch sollte bereits das notwendige Geld für Einrichtungen wie eine Küche oder Möbel einkalkuliert werden, um ein realistisches Gesamtbild der notwendigen Investitionen zu erhalten. Eine vorausschauende umfangreiche Planung hilft, von Anfang an die Finanzierbarkeit einer eigenen Wohnimmobilie beurteilen zu können, und beugt vor, von später anfallenden Kosten überrascht zu werden.