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Der nächste Golf wird elektrisch

Thomas Schäfer über aktuelle Herausforderungen und die Zukunft des Kultmodells. Trotz wachsender Konkurrenz aus China bleibt der VW-Chef optimistisch.

VW-Markenchef Thomas Schäfer.
VW-Markenchef Thomas Schäfer.

Im Rahmen des Eisrennens in Zell am See beantwortete der CEO von VW den SN einige aktuelle Fragen.

Herr Schäfer, wie geht es VW im noch jungen Jahr 2024? Thomas Schäfer: Wir sind gut auf das Jahr vorbereitet, mit den neuen Produkten, die jetzt auf den Markt kommen - neben dem Facelift des Golf sind das auch der neue Tiguan, der neue Passat und der ID.7 Tourer. Ob der Markt weltweit nennenswert wächst, wird man sehen. Wir haben das Unternehmen auf jeden Fall gut auf dieses herausfordernde Umfeld vorbereitet. Mit unserem Performance-Programm sind wir auf einem soliden Weg. Fest steht: 2024 wird ein interessantes und zugleich entscheidendes Jahr für die gesamte Automobilbranche.

Inwiefern machen Ihnen die jüngsten Preissenkungen in Deutschland zu schaffen? Das wirtschaftliche Umfeld ist schwierig. Die gesamte Industrie befindet sich aktuell in einem Verdrängungswettbewerb. Jeder versucht, die eigenen Produkte zu platzieren. Das gilt besonders für die Elektromobilität, die derzeit weniger dynamisch hochläuft als erwartet. Wir haben mit unserer ID.-Familie starke Produkte am Markt und zahlreiche Fabriken umgerüstet, um diese zu bauen. Dass es in so einer Phase der Transformation vorübergehend mehr Unterstützung im Markt bedarf, ist nicht ungewöhnlich. Parallel heißt das für uns vor allem, mit wettbewerbsüberlegenen, starken Autos unsere Kunden zu überzeugen und weiter die Kosten zu senken.

Sollte Europa auf die Konkurrenz aus China mit Zöllen reagieren? Nein, sich einzuigeln bringt gar nichts. Im Gegenteil: Freier Handel bleibt die Grundlage für Wachstum und Fortschritt. Ich bin dabei für gleiche Regeln für alle, einen fairen Wettbewerb, in dem darauf geachtet wird, dass alle mit den gleichen Karten spielen. Als vor Jahrzehnten die japanischen Hersteller nach Europa kamen, herrschte auch Weltuntergangsstimmung. Das Gleiche später bei den koreanischen OEMs. Ich bin jedoch überzeugt: Wettbewerb macht uns stärker.

Bereiten Ihnen die Pläne von Tesla, in den Massenmarkt vorzudringen, Bauchschmerzen? Natürlich wird es umso spannender, je mehr Player aufs Spielfeld kommen. Aber das muss man auch erst einmal umsetzen. Wir haben mit unserer starken Marke und im Volkswagen-Konzernverbund gute Voraussetzungen. Kleinere und damit günstigere E-Autos zu bauen ist wirklich eine enorme Herausforderung. Wenn man da nicht ausreichend große Skaleneffekte ausnutzen kann, dann wird es sehr eng.

Bei VW will man die Entwicklungszeit eines neuen Pkw von bisher 50 auf 36 Monate reduzieren. Wir wollen unsere Autos schneller zu den Kunden bringen, ohne Abstriche bei Qualität und Sicherheit. Dieses Ziel ist auf jeden Fall machbar. Vor allem die Digitalisierung hilft uns dabei, etwa im Bereich der Erprobung. Wir haben aktuell vier Fahrzeugprojekte am Start, wo wir das angehen. Die langen Zyklen von früher sind nicht mehr zu halten. Die Welt beschleunigt sich weiter, wir müssen das hohe Tempo mitgehen.

Rechtzeitig zum 50. Geburtstag wurde soeben der neue Golf vorgestellt. Welche Bedeutung wird das Modell in zehn Jahren haben? Der Golf ist einerseits ein Fahrzeug, das gefühlt schon immer da war und stets tolle Erfolge gefeiert hat: Der Golf ist einfach das richtige Auto für fast jede und jeden. Auf der anderen Seite war das Fahrzeug in jeder Generation immer auch Innovationsträger. Das muss er auch in Zukunft bleiben. Deswegen wird der Golf auch dann all seine besonderen Eigenschaften haben, wenn er in der nächsten Generation vollelektrisch wird. Bis es so weit ist, haben wir nun einen neuen Top-Golf mit der vollen Breite an Antriebsoptionen.

Wird der nächste Golf ausschließlich mit Elektroantrieb auf den Markt kommen? Ja. Ende dieser Dekade wird es so weit sein. Wir haben mit dem ID.3 aktuell schon ein kompaktes Elektromodell auf dem Markt, das sehr wettbewerbsfähig ist. Für die Übergangszeit bis zur reinen E-Mobilität sind wir mit dem runderneuerten Golf sehr gut aufgestellt.

Was müsste Ihrer Meinung nach passieren, damit auch bei der nächsten Generation des Golf weiterhin ein Verbrennungsmotor im Angebot bleibt? Wenn man sich die politischen Rahmenbedingungen fast überall auf der Welt ansieht, dann werden die Hersteller die kommenden Flotten-Abgasregularien ohne einen deutlich höheren Anteil von rein elektrischen Fahrzeugen nicht einhalten können. Die Elektromobilität ist der richtige Weg, mit vielen Vorteilen für die Kunden. Wir stehen zu dieser Technologie und elektrifizieren unsere Marke. Aktuell stehen wir jedoch vor der Herausforderung, dass einerseits die Flottenwerte einzuhalten sind, auf der anderen Seite aber die aktuelle Nachfrage im Markt aufgrund der wegfallenden Förderungen und des Kaufkraftverlusts momentan nicht den Erwartungen entspricht. Das ist nicht das Ende der Welt. Aber sollte es über Jahre so bleiben, dann wird es zunehmend schwieriger.