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Geschlecht und Berufswahl: Kein Interesse an MINT?

Studien- und Berufswahl: Geschlechtsspezifische Jobinteressen und die Nachfrage nach MINT-Berufen prägen seit einiger Zeit regelmäßig die öffentliche Debatte, das gilt auch für Mangelberufe in der Pflege und Kinderbetreuung. Eine Studie der FH Oberösterreich untersucht die komplexen Zusammenhänge zwischen Geschlecht und Berufswahl.

MINT-Bereiche werden privat wie auch beruflich benötigt. Warum ist das Interesse an Studien und Berufen in den Gebieten Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik dann so gering?
MINT-Bereiche werden privat wie auch beruflich benötigt. Warum ist das Interesse an Studien und Berufen in den Gebieten Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik dann so gering?

Kaum Interesse an Physik und Mechatronik bei Frauen. Pädagogische Berufe weit abgeschlagen bei Männern. Oder anders formuliert: Frauen interessieren sich verstärkt für soziale Berufe, Männer für MINT-Themen. Geschlechtsspezifische Jobinteressen und die Nachfrage nach MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) prägen regelmäßig die öffentliche Debatte.

Gleiches gilt für Mangelberufe in der Pflege und Kinderbetreuung. Eine neue Studie der FH Oberösterreich hat nun konkret die komplexen Zusammenhänge zwischen Geschlecht und Berufswahl unter die Lupe genommen. Im Rahmen der Untersuchung wurden mehr als 1000 Österreicherinnen und Österreicher zwischen 14 und 80 Jahren befragt.

MINT-Fächer generell nicht beliebt, soziale Berufe mit Prestigenachholbedarf

Die Studie stellt den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern insgesamt kein besonders gutes Zeugnis aus, wie die Ergebnisse zeigen: MINT-Fächer sind demnach bei Männern und Frauen generell nicht besonders beliebt. Es wurde zutage gefördert, dass nach wie vor erhebliche geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung dieser Fächer bestehen. Zudem geht aus der Studie hervor, dass Frauen MINT-Fächer noch deutlich weniger schätzen als Männer. Dem gegenüber steht das bereits erwähnte deutlich höhere Interesse von Frauen an sozialen Berufen.

Darüber hinaus zeigt sich, dass in den Bereichen "Pflege", "Kindergartenpädagogik" und "Kinderbetreuung" ein Nachholbedarf besteht, wenn es um das Prestige dieser Berufsgruppen geht. Ein Umstand, der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf die Berufswahl von Frauen auswirkt. Auf Basis der Befunde manifestiert sich zudem, dass die von der Wirtschaft als besonders wichtig erachteten MINT-Fächer durchaus ein virulentes Problem haben, von Frauen, aber auch von Männern in ausreichendem Maße nachgefragt zu werden.

Geschlechtsspezifische Berufsinteressen werden durch Genetik mitbestimmt

Was ist ausschlaggebend dafür und wie kann dieser Problematik entgegengewirkt werden? Als Gründe für die "Unbeliebtheit" von MINT-Fächern werden vonseiten der FH Oberösterreich sowohl angeborene Unterschiede als auch kulturelle Einflüsse, welche die Berufsinteressen und die Berufswahl prägen, genannt. Trotz vielfältiger Einflussfaktoren legt die Forschung nahe, dass die Natur, also die angeborenen Unterschiede, eine Grundorientierung der Berufsinteressen bestimmt - ein Aspekt, der in der öffentlichen Diskussion meist vernachlässigt wird. "

Unsere Studie zeigt deutlich, dass es grundlegende geschlechtsspezifische Berufsinteressen gibt. Dass diese durch eine genetische Grundausstattung mitbestimmt werden, ist in der Psychologie weitgehend akzeptiert", erklärt Studienautor Harald Kindermann. Und weiter: "Dabei ist es wichtig zu betonen, dass diese Unterschiede nicht als Abwertung oder Diskriminierung bestimmter Fachrichtungen oder eines biologischen Geschlechts zu verstehen sind. Vielmehr sind die Unterschiede das Ergebnis komplexer Wechselwirkungen zwischen Biologie, Soziologie, kulturellen Einflüssen und individuellen Präferenzen."

Dies bedeute, dass die Berufsgruppen, die besonders von Frauen nachgefragt werden, eine deutliche öffentliche Aufwertung benötigen und nicht nur monoton versucht werden sollte, Frauen für MINT-Fächer zu motivieren, da bereits jetzt ein Mangel an Arbeitskräften in sozialen Berufen besteht. Dabei darf nicht vergessen werden, dass eine Aufwertung mit höheren Löhnen verbunden sein muss.

"Die Studie soll genutzt werden, um die Förderung von MINT-Fächern und Mangelberufen für alle Geschlechter anzukurbeln."
Harald Kindermann, Studienautor, FH Oberösterreich


Wie lautet das Ziel vonseiten der FH Oberösterreich - was soll mit den Studienergebnissen erreicht werden? "Politik, Institutionen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen werden ermutigt, die Ergebnisse dieser Studie zu nutzen, um Maßnahmen zur Förderung der MINT-Fächer und der Mangelberufe in der Pflege und Kinderbetreuung für alle Geschlechter zu entwickeln", sagt der Studienautor. "Es wird ausdrücklich betont, wie wichtig es ist, das breite Spektrum an Interessen und Begabungen in der Gesellschaft anzuerkennen und zu fördern, um eine gerechte und vielfältige Zukunft für alle Berufe zu gewährleisten."

"MINT-freundliche" Gemeinde Bürmoos

Der Blick geht ins Salzburger Land: Was tut sich hier in Sachen MINT? Unter anderem hat die Gemeinde Bürmoos zusammen mit dem Industrieunternehmen W&H an allen Bürmooser Bildungseinrichtungen einen MINT-Schwerpunkt gesetzt. 2012 zog beispielsweise eine erste "Spürnasenecke" in den dortigen Kindergarten ein, seit Neuestem darf sich auch die Bürmooser Volksschule über eine "Spürnasen-Primary" freuen. Die Volksschule und die Mittelschule tragen das MINT-Gütesiegel.

Cornelia Ecker, Bürgermeisterin von Bürmoos, dazu: "Zukunftschancen für alle jungen Menschen eröffnen, das stärkt die Gesellschaft. Für mich ist in diesem Zusammenhang auch das Thema Chancengleichheit zentral." MINT-Bereiche werden privat wie auch beruflich benötigt. Sie seien allgegenwärtig, sagt Daniela Malata, Geschäftsleitung W&H für Human Resources. "Wechselgeld nachrechnen beim Einkaufen, die Verwendung von Smartphones und Apps, das Verfolgen und Verstehen von Wettervorhersagen oder das Klingeln unseres Weckers in der Früh."

Um verschiedene MINT-Bereiche kommt man im alltäglichen Leben meist nicht herum - und auch die Debatte darüber wird uns mit Sicherheit noch länger begleiten.