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Cultural Fit: Mitarbeiter nach Maß

Angepasst oder voller Innovationsdrang? Im Sinne des Cultural Fit muss das kein Widerspruch sein.

Maßgeschneidert? Das sollten Mitarbeitende nicht nur in Bezug auf ihre Fähigkeiten sein.
Maßgeschneidert? Das sollten Mitarbeitende nicht nur in Bezug auf ihre Fähigkeiten sein.

"Wir waren einfach zu verschieden." Wenn Beschäftigte kündigen, liegt es häufig nicht daran, dass es ihnen an Können oder Wissen für die Position gemangelt hätte. Einer der Hauptgründe ist vielmehr der fehlende Cultural Fit: Werte und Visionen stimmen nicht überein, es hapert an der zwischenmenschlichen Dynamik im Team, der Mitarbeiter in spe weiß nichts mit dem Führungsstil anzufangen, der im Unternehmen gelebt wird.

Fehlbesetzungen tun weh, gerade in Zeiten, in denen Unternehmen um die besten Köpfe konkurrieren müssen: 14.900 Euro kostet es im Schnitt, wenn eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, zeigt eine Analyse der Unternehmensberatung Deloitte. Und die Hemmschwelle, den Job zu wechseln, sinkt laut aktuellem "Hernstein Management Report" gerade bei jüngeren Beschäftigten.

Arbeitgeber und Mitarbeiter müssen authentisch zusammenfinden

"Es wäre viel einfacher, wenn man einem Kellner oder einer Baggerfahrerin einfach einen bestimmten Betrag im Monat überweist und dann geht's dahin", sagt Christian Holzer. "Aber das reicht heute nicht mehr. Nicht einmal bei den Baggerfahrern. Wenn ich Personal will, das lange bleibt, muss es das Gefühl haben, beim Richtigen zu sein." Christian Holzer ist Unternehmensberater und Karriereexperte. Als Teil des Instituts für emotional intelligente Unternehmensführung unterstützt er Unternehmen, die an einem positiven Mindset, einer modernen Unternehmenskultur arbeiten wollen, statt nur Funktionen zu besetzen.

"Leute suchen, die den Spirit teilen, nicht nur jemanden, der eine Position ausfüllt!"
Christian Holzer
Unternehmensberater & Karriereexperte

"In der heutigen New-Work-Welt ist das Wichtigste, dass zwei zusammenkommen, die wissen, wofür sie stehen", erläutert Holzer. "Die Unternehmen sollen wissen, wer sie sind, und die Leute selbst sollen auch wissen, was sie wollen. Es geht um Authentizität auf beiden Seiten und wenn die Vorstellungen zusammenpassen, ist gut arbeiten. Dann entsteht Sinn und Wollen."

Unternehmen fehlt oft die klare Kultur- und Wertedefinition

In der Praxis bleibe Cultural Fit jedoch oft eine Worthülse, denn häufig fehle es noch an einer klaren Kultur- und Wertedefinition. "Die Unternehmen, die sagen, nicht geschimpft ist gelobt genug, die gibt es reihenweise", so Holzer. Bei guten Unternehmen sehe er, dass sie sich über ihre eigenen Produkte und Dienstleistungen sowie das übergeordnete Ziel Gedanken machen. Holzers Fazit: "Das Fachliche kann ich den Leuten immer beibringen - wenn es nicht gerade um Berufe wie den des Arztes geht. In manchen Branchen überholt sich das Wissen innerhalb von zwei Jahren ohnehin komplett. Besser ist es, Leute zu suchen, die mit dem Unternehmen mitziehen, den Spirit teilen, und nicht nur jemanden, der eine Position ausfüllt."

Kompatibilität vorab mit passenden Fragen bei der Bewerbung abschätzen

Ob jemand gut ins Team passt, lässt sich bereits im Bewerbungsprozess abschätzen. Statt rein auf das Bauchgefühl zu vertrauen, setzen viele Personalverantwortliche inzwischen verstärkt auf konkrete und systematische Fragen, die auf den Cultural Fit abzielen. Auf Fragen, "die ins Herz reingehen", wie Holzer betont, und nicht nur auf die üblichen Fragen nach den Stärken oder dem persönlichen Fünfjahresplan.

  • "Was lässt Sie aufblühen?
  • Wobei verspüren Sie Sinn in der Arbeit?
  • Was steigert Ihre Loyalität?
  • Was tragen Sie in die Arbeit, das zum Gemeinsamen beiträgt?",

schlägt der Karriereexperte vor. "Wenn da einer sagt, Konkurrenz belebt das Geschäft, dann kann das durchaus passen. Wenn ich aber Teamplayer brauche und keine Egomanen, kann ich so aussortieren."

Auch Bewerber sollten Vereinbarkeit prüfen

Wie Bewerberinnen und Bewerber ihrerseits vorab abklopfen können, ob Produktmarke und Employer Branding halten, was sie versprechen? Holzer empfiehlt, mindestens drei Stunden in die Vorabrecherche u. a. auf Unternehmensbewertungsplattformen zu investieren. Im Bewerbungsgespräch könne man dann nachhaken, warum der Arbeitgeber in spe dort manchmal schlecht aussteige und wie er damit umgehe. "Wer sich intensiv mit einem Unternehmen auseinandergesetzt hat, sammelt Pluspunkte."

Cultural Fit heißt nicht Gleichförmigkeit

Cultural Fit und Vielfalt, Innovationsgeist - verträgt sich das? Immerhin gilt in der Arbeitswelt: Bunt zusammengewürfelte Teams sind erfolgreicher. So zeigt eine McKinsey-Studie von 2018, dass Unternehmen mit gemischtgeschlechtlichen Führungsteams eine 21 Prozent höhere Chance auf wirtschaftlichen Erfolg haben als solche, die wenig Wert auf Geschlechtervielfalt legen. Holzer: "Cultural Fit heißt nicht, dass man gleichförmige Leute einstellt, die einfach Aufgaben abarbeiten. Cultural Fit schließt Frauen, Männer, Alte, Junge ein, Menschen, die verschiedene Denkweisen mitbringen - wichtig ist, dass alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten."