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So analog ist Österreich

Sie meinen, dass die Digitalisierung überhandnimmt? Keine Sorge, Österreich hat auch analoge Refugien.

Thomas Hofbauer

"Bitte keine unadressierte Werbung" steht klar und deutlich auf dem Briefkasten, doch dem Austräger ist das egal. Vermutlich ein Ferialpraktikant, der uns mit Post bewirft. Der Adblocker in Form eines Aufklebers funktioniert eher nach Lust und Laune des Postfuchses. Erstaunlich dabei ist, dass die Prospekte mit den Prozenten trotz fortschreitender Digitalisierung gefühlt immer mehr statt weniger werden. Die Österreicherinnen und Österreicher fänden den Postwurf sympathisch, informativ und ließen sich besonders gerne zu Käufen anregen: 88 Prozent der Empfänger würden regelmäßig die enthaltenen Angebote nutzen, behauptet eine Erhebung der österreichischen Post aus dem Jahr 2021. Wer hält dagegen?

Doch das ist nicht das einzige analoge Refugium. Radio ist in Österreich ebenso eines. Während in anderen Ländern FM und AM längst durch Digitalradio abgelöst wurde, findet man hier den Platzhirsch ORF mit seinen Programmen ausschließlich auf analogen Frequenzen. Zwar gibt es seit Jahren in Österreich auch Digitalradio und 30 Prozent der Haushalte verfügen über einen Digitalradioempfänger, doch der Marktführer ziert sich. Kein Wunder, denn im analogen Radio ist der ORF deutlich weniger Konkurrenz ausgesetzt als im digitalen. Jetzt soll sogar eine Popularbeschwerde den ORF zum digitalen Senden bewegen. Doch Papier ist geduldig.

Apropos Papier: Das liebste analoge Ding Österreichs ist wohl das Bargeld. Zumindest lässt uns das die politische Führungselite wissen. Warum? Anonymität! 530.938 Bürgerinnen und Bürger haben im vergangenen Jahr das Volksbegehren "für uneingeschränkte Bargeldzahlung" unterschrieben. Wenn die Menschen an der Kassa dann nicht auch noch ihre Kundenkarte zücken würden, wäre das mit der Anonymität sicher ein Argument. Das bessere ist aber ohnehin folgendes: Wer hierzulande beim Schnellfahren erwischt wird, der wird meist mit einer Anzeige bestraft, wenn das Strafmandat nicht sofort in Bar beglichen wird. Mit Karte oder Handy bezahlen? Da könnte ja jeder kommen. Oh du mein analoges Österreich.

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