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Einen Toast auf den Doctor! Who?

"Doctor Who" ist 60 und gilt als erfolgreichste Science- Fiction-Serie weltweit. Kennen Sie nicht? Zum Glück gibt es das Internet!

Thomas Hofbauer

Es war die Zeit der großen Science-Fiction-Serien. Raumschiff Enterprise hob 1966 ab, Raumpatrouille Orion ebenfalls, doch bereits drei Jahre zuvor tauchte der "Doctor" in einer BBC-Serie auf. In einer blauen Notrufzelle der Polizei, einer getarnten Zeitmaschine, der sogenannten Tardis. Und wäre die Tardis nicht "bigger on the inside", sie wäre wohl genauso als Low-Budget-Schrulle abgetan worden wie die Bügeleisengriffe der Raumpatrouille Orion.

"Ich bin ein Verrückter mit einer Notrufzelle. Es könnte alles passieren." Dieses Zitat des Doctor umschreibt die Handlung der Serie am besten. Sie verfolgt in verschiedenen Phasen zwar Handlungsstränge, einmal historisch, einmal utopisch, ist jedoch - je nach Drehbuchschreiber - sehr unterschiedlich. Vor allem ist sie eines: mehr Zeitreiseklamauk als naturwissenschaftlich-technische Fiktion. Die Serie will weder die Fragen verhandeln, was passiert, wenn eine KI die Kontrolle übernimmt, wie HAL im Meisterwerk "2001: Odyssee im Weltraum". Noch ist sie eine soziale Fiktion wie "Die Maschine steht still", eine Kurzgeschichte von E. M. Forster, die 1909 erschien und vor wenigen Jahren neu aufgelegt wurde, weil sie vor mehr als 110 Jahren jene Effekte treffend beschrieben hat, die man heute von Social Media kennt. Und sie ist auch keine Serie, die begriffsbildend war wie William Gibsons Roman "Neuromancer", der Begriffe wie Cyberspace geprägt hat. Dennoch ist die Serie essenzieller Bestandteil der britischen Popkultur. Einen Grund nennt der Doctor selbst: "War nie meins, das Erwachsenwerden." Dass er oder sie über 60 Jahre bleiben konnte, ist einem Kunstgriff zu verdanken: Regeneration. Und dieses kurze Sterben und Neuerwachen endet beinahe jedes Mal in einem neuen Hauptdarsteller. "Am I ginger? Aww, I wanted to be ginger!"

David Tennant, der sich derart über sein Aussehen beschwert, gehört zu den Erfolgsmotoren der neuen Seriengeschichte. Beim Durchbruch selbst stand jedoch das Internet Pate. Vor allem Streamingdienste ermöglichten eine Verbreitung zu einer weltweiten Fangemeinde, die kein Fernsehsender schaffen würde, nicht einmal die BBC. Die steigende Bekanntheit führt wiederum zu sensationellen Funden. Denn 97 Episoden, vor allem der ersten Staffeln, gelten als verschollen. Speicherplatz war in den 1970ern kostbar und deshalb wurden die Bänder nach einiger Zeit gelöscht und neu bespielt. Zum Glück gab es Kopien auf 16-mm-Film, um die Serie international auszutauschen. So konnten verschollene Episoden z. B. in Hongkong wiedergefunden werden. "Geronimo!"

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