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Sind Chinas E-Autos noch zu stoppen?

Europas Autoindustrie hat dank der Globalisierung einen weltweiten Siegeszug hinter sich. Braucht es jetzt Protektionismus, um einen Absturz abzuwenden?

Hermann Fröschl
Symbolbild
Symbolbild

Europäische Automarken dominierten über Jahrzehnte die Weltmärkte. Dank offener Grenzen und der Globalisierung schien ihr Siegeszug nicht zu stoppen. Doch jetzt, da sich Industrien radikal wandeln, droht ausgerechnet die Autoindustrie zum Symbol von Europas globalem Abstieg zu werden. Trotz unzähliger Warnungen haben die Konzerne den Trend zur Elektromobilität zu lang vernachlässigt und beinahe fahrlässig verschlafen. Mit der Konsequenz, dass in diesem mittlerweile boomenden Markt der US-Hersteller Tesla und chinesische Anbieter wie BYD den Ton angeben. In China selbst ist die langjährige Dominanz europäischer Marken bereits Geschichte. Mehr noch: Europas Hersteller, die lang für überlegene Ingenieurkunst standen, suchen ihr Heil in Kooperationen mit chinesischen E-Auto-Bauern, um sich nötiges technologisches Wissen anzueignen. Es kommt einem Eingeständnis eigener Versäumnisse gleich.

So ist es kein Wunder, dass hierzulande helle Aufregung herrscht, wenn chinesische E-Auto-Bauer nun nach Europa kommen und erste staatliche Ausschreibungen für Dienstautos von Behörden gewinnen. Dass viele im ersten Reflex nach Kriterien rufen, um Zuschläge an chinesische Hersteller zu verhindern, mag verständlich sein. Eine Lösung ist es nicht. Wie so oft führt das Land Scheindebatten, die am Kern des Problems vorbeigehen. Und das ist gravierender, als sich das Europa eingesteht.

Die Autoindustrie wird wie so viele Industrien immer mehr durch Digitalisierung getrieben. Ein Feld, das Europa weitgehend den USA und China überlassen hat. Gleiches gilt für die Batterie- und Chipproduktion, die für die E-Mobilität entscheidend sind. Dass die USA und China gigantische Subventionsprogramme für neue Industrien wie die Elektromobilität auflegen, verschärft die Probleme zusätzlich. Denn einen Subventionswettlauf wird Europa gegen diese Giganten nicht gewinnen. Auch Abschottung und Strafzölle, die die USA, China und die EU mittlerweile gegenseitig verhängen, werden auf Dauer mehr Probleme schaffen, als sie lösen.

Ansetzen muss Europa bei sich selbst: Die Industrie braucht Kostenentlastung, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Und die Autobauer und ihre Zulieferer müssen sich alter Tugenden besinnen, indem sie produktiver werden und alles Wissen und Geld in die E-Mobilität und kommende Technologien stecken. Denn Innovation könn(t)en Europas Ingenieurinnen und Ingenieure allemal. Allein beim E-Auto fehlte zu lang der Wille. Zu spät ist es aber nicht.

KOMMENTARE (1)

gelöschter Nutzer

Einfach Dieselembargo aufgeben und schon ist Europa vorne. Der geringe Verbrauch und die lange Lebensdauer machen den Diesel zum umweltfreundlichsten Fahrzeug und als Hybrid auch zu einem perfekten Stadtauto. Europaweit betrachtet wird der Strom für die E-Autos aus weniger effizienten Quellen als dem Diesel hergestellt. Hightech-Diesel kann China nicht, und die USA auch nicht. Dies würde gleichzeitig den grünsozialistischen Machtwechsel stoppen und Europa zu alter Stärke führen. Hier sind sich China und die USA einig: der Hausverstand wird Europa ruinieren, und das ist für Ost und West gut so.
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