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Boeing-Mängel irritieren die US-Politik

Ingenieur warnt vor möglichen Mängeln, Flugbehörde fordert Verbesserungen. Laut Experten kein Sicherheitsrisiko in Europa.

Das nächste Problem: Boeings „Dreamliner“ 787 wird in South Carolina produziert.
Das nächste Problem: Boeings „Dreamliner“ 787 wird in South Carolina produziert.

Die Probleme beim US-Flugzeughersteller Boeing könnten größer sein als bisher bekannt. In einer Anhörung im US-Kongress hat ein Boeing-Ingenieur schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Langstreckenflugzeug 787 erhoben. Der Dreamliner könne auseinanderbrechen und abstürzen, sagt der Ingenieur Sam Salehpour, der sich als Informant an die US-Flugaufsichtsbehörde FAA gewandt hatte, im US-Sender NBC News. Er plädiert für einen vorübergehenden Produktionsstopp.

Bei knapp 1500 Flugzeugen gebe es "wesentliche Sicherheitsmängel", sagt der Techniker. Dabei geht es um Abstände zwischen den Rumpfteilen. Diese dürften laut Boeing-Unterlagen nicht breiter sein als 0,005 Zoll (0,126 Millimeter). Salehpour sagt, er kenne zahlreiche Fälle, wo die Abstände größer seien. Laut Boeing sei das nur die Dicke eines menschlichen Haares. Laut Salehpour könnte es aber während eines Fluges "eine Frage von Leben und Tod" sein.

Mitglieder des Untersuchungsausschusses im US-Senat fordern, Boeing müsse seine Sicherheitskultur verbessern. Die Vorsitzende Maria Cantwell erinnerte daran, dass die Luftfahrtbehörde FAA bereits Ende Februar von Boeing "einen überzeugenden Plan zur Lösung seiner systematischen Qualitätssicherungsprobleme" verlangt hatte.

Er habe den Flugzeughersteller wiederholt auf schwere Mängel bei Sicherheits- und Qualitätskontrollen bei der Herstellung der Flugzeuge hingewiesen - seine Warnungen seien aber in den Wind geschlagen worden. Salehpour sagte, Boeing habe "Ingenieure unter Druck gesetzt, die Augen zu verschließen". Auch ihm sei nahegelegt worden, "den Mund zu halten". Nach den Warnungen sei er gegen seinen Willen in die für das Modell 777 zuständige Abteilung versetzt worden. In der Folge habe er auch bei der Montage des 777 Mängel festgestellt.

Boeing wies die Vorwürfe zurück. Man habe den Ausschuss mit Stellungnahmen und technischen Unterlagen versorgt. Das Management habe "Vertrauen in die Sicherheit und Langlebigkeit der 787 und 777". Luftfahrtexperte Kurt Hofmann sagt, ihm sei kein Fall eines Unfalls oder eines echten Sicherheitsproblems mit dem 787-Dreamliner bekannt. Aber bei Boeing würden sich Fälle offensichtlicher "Schlamperei" häufen, meist Kleinigkeiten wie liegen gebliebene Schraubenzieher in neu ausgelieferten Flugzeugen. Es gebe vermehrt Anfragen besorgter Passagiere. In Europa bestehe kein Anlass zur Sorge. Hier seien die Sicherheitsstandards sehr hoch, "die Flugzeuge befinden sich in einwandfreiem Zustand".

Die AUA hat Boeing-Langstreckenflugzeuge des Typs 777 und 767 im Einsatz. Sie sollen schrittweise durch elf neue 787-9 ersetzt werden. Die AUA will weder andere Unternehmen noch Spekulationen kommentieren. Grundsätzlich habe Sicherheit höchste Priorität.

Zuletzt gab es mehrere Zwischenfälle mit Boeing-Flugzeugen. Im Jänner verlor eine 737 Max im Flug eine Kabinentürabdeckung, im März löste sich beim Steigflug einer 777 ein Rad. Anfang April musste eine 737 den Start abbrechen, weil der Motor zu brennen begonnen hatte. Ein anderes Flugzeug desselben Typs musste umkehren, weil sich die Triebwerksverkleidung gelöst hatte.

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