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Keine Schäden bei nächtlichem Angriff auf den Iran

Der Iran ist Insidern und US-Medien zufolge in der Nacht auf Freitag Ziel eines seit Tagen angedrohten israelischen Angriffs geworden, der offenbar aber nur ein begrenztes Ausmaß hatte. Iranischen Staatsmedien zufolge wurden im Zentrum des Landes drei Drohnen abgeschossen, Schaden sei nicht entstanden. Eine offizielle Bestätigung für die Berichte lag nicht vor. Im Iran wurden die Meldungen heruntergespielt und signalisiert, dass das Land keine Vergeltungsmaßnahmen plant.

Israel hat den Iran angegriffen: Explosion nahe der iranischen Stadt Isfahan
Israel hat den Iran angegriffen: Explosion nahe der iranischen Stadt Isfahan
Szene aus Isfahan im iranischen TV
Szene aus Isfahan im iranischen TV

Dies wurde als Versuch gewertet, einen Flächenbrand im Nahen Osten zu verhindern. Zahlreiche Staaten mahnten gleichwohl zur Zurückhaltung und betonten, dass jede weitere Eskalation verhindert werden müsse - zumal die Lage in der Region wegen Israels Krieg gegen die palästinensische Hamas im Gazastreifen ohnehin so angespannt ist wie seit Jahren nicht mehr.

Weder von der iranischen Führung oder ihrem Militär noch von Seiten Israels lag zunächst eine Stellungnahme vor. Israel hatte seit Tagen damit gedroht, gegen den Iran vorzugehen. Grund ist ein beispielloser Angriff des Iran auf Israel am vergangenen Wochenende. Die Islamische Republik hatte ihren erklärten Erzfeind erstmals direkt mit Hunderten Drohnen und Raketen beschossen - als Vergeltung für einen Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus Anfang April, für den der Iran Israel verantwortlich macht.

Zwar konnten bei dem iranischen Angriff nahezu alle Geschoße abgefangen werden, und die entstandenen Schäden wurden nur als geringfügig beschrieben. Dennoch machte die israelische Führung wiederholt klar, dass der Angriff aus ihrer Sicht nicht unbeantwortet bleiben konnte. Der Iran drohte im Gegenzug, dass seine Reaktion noch härter ausfallen würde als am vergangenen Wochenende. Unter Hochdruck versuchten darum Diplomaten und ranghohe Politiker aus zahlreichen Staaten, mäßigend auf beide Seiten einzuwirken, damit es nicht zu einem breiten Krieg kommt.

Angesichts des offenbar überschaubaren Ausmaßes der Vorgänge am Freitag schien dies vorerst gelungen zu sein. Ein ranghoher Vertreter des Iran, der anonym bleiben wollte, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, unmittelbare Vergeltungsmaßnahmen seien nicht geplant. Ein ausländischer Ursprung des Vorfalls sei nicht bestätigt. Es habe keinen "externen Angriff" auf den Iran gegeben. "Die Diskussion tendiert eher in Richtung Infiltration als in Richtung Angriff."

Was jedoch genau in der Nacht passierte, blieb vorerst unklar. Das iranische Staatsfernsehen berichtete kurz nach Mitternacht (Ortszeit), über der Stadt Isfahan seien drei Drohnen gesichtet worden. Die Flugabwehr sei daraufhin aktiviert worden und habe die unbemannten Fluggeräte am Himmel zerstört. Laut einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur FARS waren in der Nähe eines Militärstützpunktes drei Explosionen zu hören gewesen. Diese seien aufgrund der Aktivierung der Flugabwehr entstanden, sagte ein offizieller Vertreter des Iran der Nachrichtenagentur Reuters. Einen Raketenangriff habe es nicht gegeben.

Experten untersuchten die Dimensionen der Attacke und würden einen Bericht vorstellen, sagte der Oberbefehlshaber der regulären Streitkräfte, Abdolrahim Mousavi, am Freitag laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. Er bekräftigte Aussagen des Militärs, dass die Explosionen in der Nacht auf die Luftabwehr zurückzuführen seien.

Ein ranghoher Kommandant der iranischen Armee sprach laut Staats-TV von einem nächtlichen Angriff, bei dem kein Schaden entstanden sei. Ein Bewohner Isfahans sagte dem Sender, die Explosionen hätten sich kaum lauter als Böller angehört. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO/IAEA) bestätigte, dass Nuklearanlagen nicht beschädigt wurden. In der gleichnamigen Provinz Isfahan liegt die Atomanlage Natanz.

Von Insidern war zu erfahren, dass es sich um einen Angriff Israels gehandelt habe. Die USA - Israels wichtigster Verbündeter - seien im Vorhinein über das Vorgehen informiert worden, sagte einer der Insider, der mit der Lage vertraut war. Die USA seien aber nicht involviert gewesen. In iranischen Medien wurde Israel im Zusammenhang mit dem Vorfall so gut wie nicht erwähnt. Ein iranischer Experte sagte im Staatsfernsehen, es habe sich um Mini-Drohnen gehandelt, die von "Infiltratoren" innerhalb des Iran gesteuert worden seien. Laut Staats-TV gab es keine Explosionen am Boden. Die Lage in Isfahan sei normal. Der zwischenzeitlich gestoppte Verkehr an mehreren Flughäfen wurde wieder freigegeben.

Israelische Medien führten in ihren Berichten keine eigenen Quellen an, sondern verwiesen lediglich auf US-Medien wie die "New York Times" und die "Washington Post", die wiederum offizielle israelische Vertreter mit den Worten zitierten, Israel stehe hinter dem Angriff.

US-Außenminister Antony Blinken bestätigte einen mutmaßlichen Angriff Israels auf den Iran nicht. Er werde auf entsprechende Berichte nicht "nicht näher eingehen, außer zu sagen, dass die Vereinigten Staaten an keinen Offensivoperationen beteiligt waren", sagte Blinken am Freitag zum Abschluss eines Treffens der Außenminister der sieben großen westlichen Industrienationen (G7) auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri. Die USA und die G7-Runde konzentrierten sich auf ihre Arbeit zur Deeskalation von Spannungen, um potenzielle Konflikte zu deeskalieren. Dies zeige sich auch in der Abschlusserklärung des Treffens.

Die Sicherheitslage in Nahost hat sich seit Ausbruch des Kriegs im Gazastreifen zwischen Israel und der dort herrschenden Hamas drastisch verschärft. Israel startete vor sechseinhalb Monaten eine breit angelegte Militäroffensive, bei der nach palästinensischen Angaben bisher etwa 34.000 Menschen getötet wurden. Auslöser war ein Überfall von Hamas-Kämpfern am 7. Oktober im Süden Israels. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1.200 Menschen getötet und mehr als 200 Geiseln genommen.

Der Iran ist einer der Unterstützer der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation. Das Verhältnis zum Westen liegt aber auch wegen anderer Streitpunkte seit Jahrzehnten im Argen. Einer der größten Konflikte dreht sich um das iranische Atomprogramm. Der Westen verdächtigt Teheran, heimlich an der Entwicklung von Kernwaffen zu arbeiten. Die Islamische Republik weist dies zurück und argumentiert, sie verfolge rein zivile Zwecke wie Forschung und Energiegewinnung.

KOMMENTARE (3)

Martin Tippel

Der Iran hat in der Nacht vom 13. auf den 14. April 110 ballistische Raketen auf Israel abgefeuert. 100 davon wurden abgefangen, Sieben erreichten ihr Ziel in Ramon und Nevatim, Luftwaffenbasen der IDF, und richteten dort keine maßgeblichen Schäden an. Jetzt wird man sich fragen, wo sind die fehlenden 3 Raketen abgeblieben? Zwei sind bereits im Iran explodiert, eine direkt beim Start in al-Momenin und eine weitere kurz nach dem Start über Kermanshah. Eine dritte Rakete stürzte im Irak ab. Da dürften die Schäden wohl größer gewesen sein als am geplanten Zielort in Israel, nur hört man darüber nichts. Dank der weltraumgestützten Überwachung von Raketenstarts (Space-Based Infrared System, SBIRS) weiß Washington jedenfalls genau, wenn irgendwo ballistische Raketen gestartet werden und was mit ihnen danach so alles passiert. In Uncle Sam we trust!
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Peter Lüdin

Die USA und Israel arbeiten doch bereits seit langem an einer bunkerbrechenden Bombe, die in der Lage wäre die unterirdischen Nuklearanlagen des Irans zu zerstören. Und diese Bomben werden die USA und Israel schon bald einsetzen.
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Anna Gruber

Offensichtlich sind Raketen und Drohnen die Kriegsmittel der Zukunft. Und unser blauer Russenfreund will sogar die Modernisierung der Österreichischen Luftabwehr verhindern - auch wenn sich Putin freuen würde, kommt er hoffentlich NIE an die Macht.
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