Seit Wochen demonstrieren propalästinensische Studierende an Hochschulen in den USA und in Frankreich, nun ist die Protestwelle auch in Wien angekommen. Rund 100 Personen hatten sich am Montagnachmittag nach einer behördlich angemeldeten Pro-Palästina-Kundgebung am Campus der Universität Wien am Alten AKH versammelt. Sie platzierten Transparente sowie Palästinafahnen und errichteten ein Protestcamp.
Demonstrationen wurden am Dienstag fortgesetzt
Einige Protestierende blieben über Nacht. Die Polizei sprach am Dienstagnachmittag von rund 25 Protestierenden. Viele von ihnen waren mit Schals und Coronamasken verhüllt, schwenkten Fahnen oder beschrifteten große Transparente, mit denen die Aktivisten das Camp vom Rest des Campus abgrenzen. Mit der Presse sprachen die Protestierenden nur ungern. Ein offizielles Veranstalterteam gebe es nicht, sagte eine Demonstrantin den SN. Man sehe sich nicht als organisierte Protestbewegung. Zur Versammlung aufgerufen hatte das Palestine Solidarity Encampment Vienna in den sozialen Medien, wo die Demonstrierenden auch am Dienstag Fotos und Forderungen aus dem Camp teilten. Die heißen konkret: Österreichische Universitäten, Forschungsinstitute und Bildungseinrichtungen sollen "de-militarisiert" werden. Finanzierungsprogramme mit dem Europäischen Verteidigungsfonds sowie namhaften Waffenherstellern wollen die Protestierenden sofort eingestellt sehen. Forschungskooperationen und Erasmus-Partnerschaften mit israelischen Universitäten sollen aufgekündigt werden. Erst wenn diese Forderungen umgesetzt seien, würde man das Camp räumen, sagte eine Demonstrantin den SN.
Uni Wien und ÖH distanzierten sich von Versammlung
Die Protestaktion hatte in Wien für breite Kritik gesorgt. Die Universität distanzierte sich bereits am Montagabend "entschieden" von den Anliegen der Versammlung. "Einseitige Darstellungen, Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus verurteilen wir in aller Schärfe", heißt es in einer Stellungnahme. Auch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) betonte, dass es an Österreichs Universitäten keinen Platz für Antisemiten und Extremisten gebe.
Die österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH) der Uni Wien kritisierte vor allem jene Organisationen, die zum Protest aufgerufen hatten. Es handle sich um "klar antisemitische Gruppierungen" wie die Israel-Boykott-Kampagne BDS und die Plattform Der Funke, die sich schon zuvor mit internationalen Studierendenprotesten solidarisiert hatte.