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Diabetes: Niedergelassene Ärzte könnten viel von Spitälern übernehmen

Bei der Versorgung von Diabetes könnte ein gut geschulter niedergelassener Bereich mehr als 80 Prozent der Leistungen übernehmen, die nun von den Spitälern und Ambulanzen erbracht werden.

Das erklärte der Mediziner Peter Fasching, Präsident der Österreichischen Diabetesgesellschaft (ÖDG), am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Der durchgesetzten Gesundheitsreform müssten Taten folgen, hieß es bei der Präsentation des Jahrbuchs der Gesundheitsplattform Praevenire.

Es sei notwendig, neben der wohnortnahen Basisversorgung durch die Hausärztinnen und -ärzte eine weitere, spezialisierte Versorgungsebene im niedergelassenen Bereich zu etablieren, forderte Fasching, Primar am Wiener Klinikum Ottakring. Diese Spezialistinnen und Spezialisten sollen sich dann um jene Diabetesfälle kümmern, die auf Grund der Komplexität nicht durch die Allgemeinmedizin abgedeckt werden können. Dies würde die hochwertigen Ressourcen im Spitalsbereich deutlich entlasten, sagte Fasching laut einer Aussendung.

Wesentlich für eine gute Behandlung von Diabetes Typ-2 sei eine entsprechende Schulung der Betroffenen in der Erkrankung und Ernährung sowie eine Führung der Patienten im Disease Management Programm "Therapie aktiv", das derzeit durch die Österreichische Diabetesgesellschaft überarbeitet wird und und serviceorientierter für Ärzte- und Patientenseite werden soll. Grundvoraussetzung, damit Ärzte in der ersten und zweiten Versorgungsebene eine aktivere Rolle spielen können, sei eine Abrechenbarkeit von Beratungszeit durch die Sozialversicherungen, betonte Fasching.

Die Grundidee, das Therapieangebot in den Spitälern zu harmonisieren, sei prinzipiell zu begrüßen, sagte Gunda Gittler, Leiterin der Anstaltsapotheke und öffentlichen Apotheke der Barmherzigen Brüder Linz. Allerdings werfe der derzeitige Informationsstand zum geplanten Bewertungsboard für ausgewählte Arzneispezialitäten noch einige Fragen auf. So sei bisher weder definiert welche Medikamente unter den Begriff "hochpreisig" fallen noch, wie die tatsächliche Vorgehensweise mit den Entscheidungen dieses Boards aussehen soll.

"Durch die Zusammenführung und gemeinsame Nutzung von Ressourcen, Daten und Expertisen können wir eine ganzheitlichere Versorgung gewährleisten und die Patienten bestmöglich versorgen", erläuterte Karl Lehner, Geschäftsführer der Oberösterreichischen Gesundheitsholding. Die sektorenübergreifende Nutzung der elektronischen Gesundheitsakte ELGA und ein Patientenportal spielen dabei eine entscheidende Rolle, indem sie den nahtlosen Austausch von medizinischen Informationen ermöglichen und die Behandlungskoordination verbessern.

Der auf EU-Ebene vergangene Woche beschlossene europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) erfordert eine rasche Weiterentwicklung von ELGA, berichtete Franz Leisch, Chief Digital Officer von Praevenire. Durch den EHDS seien die Mitgliedsländer aufgefordert, eine "Patient Summary" - eine Schnellübersicht über essenzielle Gesundheitsdaten einer Person zu implementieren. In Österreich besteht die Herausforderung, dass zwar der Wunsch groß ist, solch eine "Patient Summary" zu nützen, jedoch ist unklar, wie diese erstellt werden soll. "Details zur Erstellung, Speicherung und Finanzierung sind noch offen, obwohl das für eine dringende Erweiterung von ELGA erforderlich wäre", sagte Leisch.

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