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Zweitwohnsitze: Wo ein Wille ist, da ist ein Weg

Spektakuläre Einzelfälle wie in Tirol zeigen: Wenn die Politik es will, kann man streng sein und illegale Freizeitwohnsitze beenden.

Gerald Stoiber

Nicht erst seit Felix Mitterers "Piefke-Saga" wird vor dem Ausverkauf der Heimat gewarnt. Die überzeichneten Geschichten über Auswüchse des Tourismus im schönen Tirol vor gut 30 Jahren wurden in der Realität bis heute oft übertroffen. Zu verlockend war und ist das Geschäft mit Immobilien in schöner Umgebung und die österreichische Gastlichkeit gibt es noch gratis dazu. Im vereinten Europa sind EU-Bürger den Inländern auch beim Grundverkehr gleichgestellt und letztlich wurden die für die Raumordnung in erster Linie zuständigen Bundesländer durch den Andrang einer zahlungskräftigen Klientel einfach überrollt. Zu löchrig waren die Gesetze und zu lax war ihre Auslegung. Dazu kommt, dass sich nicht alle Käufer an die Regeln halten. Viele Makler und Anwälte helfen beim Ausnützen von Schlupflöchern oder sogar Umgehungskonstruktionen, denn wo ein Wille ist und Geld, da ist oft auch ein Weg.

Ausbaden müssen das in erster Linie die Gemeinden. Sie müssen Infrastruktur für Spitzenzeiten vorhalten, erhalten aber vom Bund nur für dauernd dort wohnhafte Personen Steuergeld. Außerdem steht ein Bürgermeister bei verkaufswilligen Grundeigentümern viel stärker unter Druck, als es eine übergeordnete Behörde wäre. Mit den Zeiten änderten sich auch die Ansprüche - und so geben sich die meisten Kunden, die es sich leisten können, mit kleinen Appartements in Wohnblöcken längst nicht mehr zufrieden. Heute muss es am besten ein Chalet sein.

Wie sich jüngst durch den Fall eines millionenschweren Vorstandes eines in Deutschland börsenotierten Unternehmens zeigte, wird in Tirol offensichtlich wesentlich konsequenter gegen illegale Freizeitwohnsitze vorgegangen als etwa im Bundesland Salzburg. Zumindest bestätigt das dortige Landesverwaltungsgericht regelmäßig entsprechende Bescheide der Gemeinden, in denen die Nutzung bestimmter Objekte untersagt wurde. Vermutlich ist der Druck in Tirol auch noch größer als in Salzburg.

Es war just ein Projekt an der Landesgrenze zu Tirol, das im Jahr 2019 zu einem Schulterschluss der Salzburger Landespolitik führte. Ein Chaletdorf am Pass Thurn war damals mit einem Porsche als Draufgabe beworben worden. Der Landtag beschloss, das Raumordnungsgesetz zu verschärfen. Heuer wird erstmals auch eine Zweitwohnsitzabgabe fällig, doch Wunder darf man sich nicht erwarten. Die Sünden der Vergangenheit zu bereinigen oder durch gezielte Kontrollen Schwindler aufzudecken ist mühsam, aber auch hier gilt: Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.