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Armin Wolf im Interview: "Wir sollten viel mehr mit unserem Publikum reden"

Armin Wolf spricht über die ORF-Gagen und das Gerücht, er könnte Talkshowmoderator werden. Und er sagt, was er Harald Vilimsky zu verdanken hat.

Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.
Armin Wolf beim neuen Format „ORF Salzburg Stammtisch“. Zuvor stand er noch den SN Rede und Antwort.

Alkohol trinke er keinen. Auch deshalb sei er nur schwer an einen Stammtisch zu kriegen. Dennoch nahm Armin Wolf am Donnerstagabend an einem solchen Platz - wenngleich der Stammtisch nicht in einem Wirtshaus, sondern auf einer Bühne stand. Der "ZiB 2"-Anchorman und stellvertretende Chefredakteur der ORF-Fernsehinformation war der erste Gast bei der neuen Veranstaltungsreihe "ORF Salzburg Stammtisch - ,Reden wir miteinander'". Begleitet von Landesdirektorin Waltraud Langer und Redakteur Karl Kern beantwortete der 57-Jährige Fragen der geladenen Gäste. Und bereits vorab stand Armin Wolf den "Salzburger Nachrichten" Rede und Antwort.

Herr Wolf, ich würde gerne mit dem Grund des Salzburg-Besuchs beginnen: Wie wohl fühlt sich Armin Wolf, wenn er zu einem Stammtisch eingeladen wird? Armin Wolf:(grinst) Das kommt auf den Stammtisch an. An sich bin ich kein großer Stammtischgeher. Aber ich finde die Idee von Waltraud Langer super. Das sollten wir viel öfter machen.

Ist es das erste Mal, dass Sie bei solch einem Format dabei sind? Bei so etwas war ich in der Tat noch nicht. Ich bin zwei bis drei Mal pro Monat in Schulen, um mit Oberstufen zu diskutieren - über Medien, Journalismus, Politik. Das sind noch nicht ORF-Stammseher, deshalb gehe ich da auch hin. Auch bei Vorträgen usw. können Menschen selbstverständlich Fragen stellen. Das mache ich total gerne. Ich finde, wir sollten viel mehr mit unserem Publikum reden. Und zwar nicht nur aus dem Radio und TV, sondern echt, also von Mensch zu Mensch.

Was hat es mit der Schulaktion auf sich? Ist das eine ORF-Initiative? Das war mal eine ORF-Initiative. Das wurde aber leider eingespart, weil es doch aufwendig war, die Fahrten durch ganz Österreich zu koordinieren. Aber ich mach das in und um Wien noch selbst. Das hat sich unter den Lehrerinnen und Lehrern rumgesprochen. Ich bekomme mittlerweile viel mehr Einladungen, als ich annehmen kann.

Zurück zum Stammtisch: Bei einem solchen ist es inhärent, dass man über alles sprechen kann. Gibt es eine Frage, die Sie selbst bei solch einem Format nicht beantworten? Zu allem Privaten würde ich höflich sagen, dass mein Privatleben privat ist. Aber über meine Arbeit kann man mich absolut alles fragen.

Die Steilvorlage nehme ich gerne auf: Vor wenigen Tagen wurden ob des ORF-Transparenzberichts die Gehälter der ORF-Spitzenverdiener veröffentlicht. Bewusst allgemein: Was halten Sie davon, dass die Gagen öffentlich gemacht werden mussten? Ich finde Transparenz total super. Ich finde halt, das Prinzip sollte für alle gelten, die öffentliche Gelder beziehen. Also für alle Menschen im Politbetrieb, alle Bundestheater, alle in öffentlichen Betrieben. Im Grunde müsste es auch für alle Zeitungen gelten, die Presseförderung kriegen. Ich habe also das Gefühl, es geht nicht um Transparenz, sondern Politiker, die sich über den ORF ärgern, wollten den ORF ärgern. Ich kann völlig verstehen, dass die Leute wissen wollen, was mit ihrem Steuergeld passiert. Also an sich alles gut. Aber das sollte eben für alle gelten.

Ist wirklich alles gut - auch für den ORF? Stichwort Neiddebatte. Für den ORF war es nicht gut. Dass man sich nur auf den ORF konzentriert hat, hat keine Logik. Es würde niemand über die Gage von Robert Kratky (der laut Transparenzbericht Bestverdiener im ORF ist, Anm.) diskutieren - oder zumindest nicht in dieser Form -, wenn auch die Staatsoper ihre Gagen öffentlich machen müsste. Dann würde man draufkommen, dass die Stars in der Staatsoper an einem Abend so viel verdienen wie der Direktor im Monat. Es ist üblicherweise so, dass die Leute, die auf der Bühne stehen, besser bezahlt sind als die Leute, die die Bühne managen.

Parallel zum Transparenzbericht wurde auch der neue Ethikkodex des ORF samt Social-Media-Regeln veröffentlicht. Ändern diese irgendetwas an Ihrem Verhalten etwa auf X (vormals Twitter)? Nein. Da ich mich an all diese Regeln sowieso schon gehalten habe.

Das sieht Neo-Stiftungsrat Peter Westenthaler offenbar anders. In einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" hat er gesagt: "Armin Wolf gibt auf Twitter die Speerspitze gegen die FPÖ. Er schadet sich selbst, wenn er politische Agitation betreibt." Betreiben Sie politische Agitation? Bitte ersparen Sie mir, Herrn Westenthaler zu kommentieren. Das überlasse ich gerne Josef Cap (seinem Studiopartner bei "Fellner! Live" auf oe24.tv, Anm.). (grinst)

Eine Nachfrage kann ich Ihnen nicht ersparen: Peter Westenthaler hat auch zu Papier gegeben, der Ethikkodex sei "eine Art Selbstschutz" für Armin Wolf. Sehen Sie sich durch den Kodex geschützt? Ich finde den Ethikkodex total vernünftig, aber es wäre auch sehr viel kürzer gegangen. Im Grunde hätte der Satz gereicht, mit dem unsere alten Social-Media-Richtlinien begonnen haben, angelehnt an die Richtlinien der BBC: "Tu nichts Dummes." So einfach ist es. Und ebendas versuche ich, seit ich auf Social Media bin.

Aber die neuen Richtlinien geben etwa vor, dass "Stellungnahmen zu betriebsinternen oder unternehmenspolitischen Themen des ORF in der Öffentlichkeit dem Generaldirektor oder den von ihm beauftragten Mitarbeitenden vorbehalten" sind. Nachdem die neuen FPÖ-ORF-Chats vor wenigen Tagen aufgekommen waren, haben Sie gepostet: "Das eine ist ja, wie brachial die Regierungspartei FPÖ in den ORF hineinregiert hat - aber noch mehr empört mich, wie sich manche ,Kollegen' bei Parteien anbiedern und damit die professionelle Arbeit aller unabhängigen Journalist∙innen im ORF diskreditieren". Müssen Sie solch ein Posting künftig abstimmen? Nein. Das ist nicht betriebsintern - ich kommentiere da etwas, das in der Zeitung stand. Und ich würde es auch nicht als Unternehmenspolitik verstehen. Ich schreibe auf Social Media das, was ich auch Ihnen bei einem Interview oder bei einer Podiumsdiskussion sagen würde. Da bin ich ja auch kein ORF-Sprecher, ich bin weder Generaldirektor noch Unternehmenssprecher - ich bin als Armin Wolf eingeladen. Aber natürlich weiß ich - und weiß das Publikum -, wo ich arbeite. Aber ich würde Ihnen auch im Interview nicht erzählen, was ich wähle, oder Ihnen sagen, was Sie wählen sollen. Und ebenso wenig twittere ich, was ich wähle oder was andere wählen sollen. Und wenn ORF-Mitarbeiter Interna an Politiker weiterleiten, finde ich das selbstverständlich nicht gut.

Dann zu der Aussage selbst: Wen haben Sie mit Ihrer Kritik an "Kollegen" gemeint? Es war an alle Kolleginnen und Kollegen gerichtet, die so etwas machen. Das sind Gott sei Dank nicht so viele - jedenfalls nicht, soviel ich weiß -, aber einige. Und das finde ich eben nicht gut. Wir bemühen uns sehr, sehr, sehr, täglich zu beweisen, dass wir unabhängig arbeiten, die Redaktionsvertretung kämpft da wirklich einen heroischen Kampf. Und da gibt es leider einzelne Menschen, die glauben, besser Karriere machen zu können, wenn sie sich nicht auf ihr Talent oder ihre Arbeit verlassen, sondern sich anbiedern. Das ist nie gut für Journalisten, egal wo sie arbeiten.

Wie wurde eigentlich redaktionsintern mit dem Thema umgegangen? Hatte das Ganze einen Nachhall? Es gab eine Redaktionsversammlung, als die Chats mit Matthias Schrom (früherer ORF-2-Chefredakteur, Anm.) öffentlich wurden …

… aber diese kamen bereits Ende 2022 auf. Ich meine die vor wenigen Tagen öffentlich gemachten Chats. Ich kenne keine neuen Chats, die die Redaktion betreffen. Die neuen Chats haben den Mann betroffen, der am Vormittag geturnt hat (Philipp Jelinek, Anm.).

Aber auch in diesen Chats war etwa Matthias Schrom ein Thema oder Korrespondent Christian Wehrschütz. Matthias Schrom ist zwar noch im ORF, aber nicht mehr bei uns in der Redaktion (er leitet mittlerweile das Projekt "Smart Producing", Anm.). Und bei Christian Wehrschütz finde ich tatsächlich, dass er nichts dafürkann, wenn der damalige ORF-Stiftungsratsvorsitzende Norbert Steger über ihn schreibt. Ich habe keine Chats von Herrn Wehrschütz selbst gesehen. Wenn es welche gäbe, würde ich es genauso furchtbar finden wie von anderen Menschen.
Und Herr Steger ist schon ein spezieller Fall. Er hat mir zum Beispiel mal mehrfach erklärt, ich wäre doch in meiner Jugend bei der Gruppe revolutionärer Marxisten gewesen. Ich habe ihn dann ebenso mehrfach darauf hingewiesen, dass er mich verwechselt: In den 80er-Jahren in Tirol, wo ich aufgewachsen bin, gab es, glaube ich, gar keine Marxisten. Irgendwann hat er dann tatsächlich realisiert, dass er mich verwechselt hat.

Bleiben wir noch kurz bei der Redaktion selbst: Der multimediale Newsroom, die journalistische Schaltzentrale auf dem Küniglberg, wurde ja vor Kurzem neu strukturiert, es gibt neue Führungskräfte. Hat sich durch die Umstrukturierung auch an Ihrer Rolle etwas geändert? Nein.

Das heißt, Sie arbeiten nach wie vor im Newsroom. Und immer wieder hört man von ORF-Kolleginnen und -Kollegen, dass die Stimmung im Newsroom eine schlechte sein soll. Der frühere Leiter der Außenpolitik, Hartmut Fiedler, sprach sogar von einem "zermürbenden" Klima, "das es den Kolleginnen und Kollegen verunmöglicht, zu arbeiten". Ist es für Sie möglich, im Newsroom zu arbeiten? (lacht) Ich kann im Newsroom genauso gut arbeiten, wie ich vorher gearbeitet habe. Ich bin ein großer Fan von Hartmut Fiedler, aber da hat er wirklich übertrieben. Was es gab, war eine schwierigere Umstellungsphase, als Online und Radio zu uns übersiedelt sind. Wir vom Fernsehen waren ja auch schon vorher in einem großen Newsroom im ORF-Zentrum. Aber wir haben erst in den letzten Monaten gemeinsame multimediale Strukturen aufgebaut. Ich finde es super, dass Radio und Online nun bei uns sind - und nicht viele Kilometer weit weg wie vorher. Der Newsroom ist eine große Nachrichten- und Journalismusmaschine. Das finde ich wirklich großartig.

Aber stimmt es, dass vor allem die Integration von Online noch nicht wirklich gelungen ist? Wie die Abläufe um orf.at sind, kann ich zu wenig beurteilen. Aber es ist sicher einfacher, Radio und TV zusammenzuführen. Bei den Radio- und Fernsehkollegen haben schon viele beides gemacht, die Korrespondentinnen und Korrespondenten machen sowieso beides. Online hingegen wurde primär textbasiert gearbeitet. Sie haben auch ein eigenes CMS (Redaktionssystem, Anm.). Ich könnte zum Beispiel jetzt nicht einfach eine Geschichte auf orf.at publizieren - ich wüsste noch nicht mal, wie das geht, rein technisch. Diese Integration ist sicher ein größeres Projekt. Aber ich gehe davon aus, dass das gut laufen wird.

Im Zuge der Neustrukturierung werden ja auch die TV-Talkformate hausintern "evaluiert", wie es so schön heißt. Dabei kommt immer wieder das Gerücht hoch, Armin Wolf könnte eine Talkshow moderieren. Ist da was dran? Das würde mich wirklich extrem überraschen. Ich habe schon mal eine Talkshow moderiert - vor 20 Jahren die Vorgängersendung von "Im Zentrum". Und ich habe es nach zwei Jahren bleiben lassen, da ich a) gemerkt habe, ich kann das nicht besonders gut. Und es mir b) keinen besonderen Spaß gemacht hat. Ich würde eine Sendung wie "Im Zentrum" oder "Hart aber fair" nicht moderieren wollen.

Aber stimmt das Gerücht, dass vor nicht allzu langer Zeit ein Pilot für eine Talkshow mit Ihnen abgedreht wurde, der jedoch nie gesendet wurde? Das haben Piloten an sich, dass sie nicht gesendet werden.

Dann stelle ich die Frage anders: Gab es solch eine Pilotsendung? Im ORF werden ständig Pilotsendungen aufgenommen.

Und war unter diesen vielen Pilotsendungen auch ein kürzlich ausgetestetes Talkformat? Ich finde, man sollte über Sendungen reden, wenn sie gesendet werden. Und in jedem Medienbetrieb werden viele Dinge ausprobiert, von denen man manche auf den Markt bringt und manche nicht.

Was Sie jedenfalls regelmäßig machen, ist, zu podcasten - meist im Duo mit Peter Filzmaier. Auch zur EU-Wahl ist etwas geplant. Was genau? Wir machen in diesem Jahr von "Der Professor und der Wolf" drei Sonderfolgen. Eine Folge haben wir eben zur EU-Wahl aufgenommen. Sie geht am 13. Mai online und ist am 15. Mai im Fernsehen zu sehen. Und dann wird es noch eine Folge Ende Sommer zur Nationalratswahl geben und eine im Herbst zu den amerikanischen Wahlen.

Stichwort EU-Wahl: Im Vorfeld der bislang letzten EU-Wahl gab es das legendäre Interview mit Harald Vilimsky - Stichwort: "Das wird Folgen haben." Steht schon fest, ob Sie dieses Mal Harald Vilimsky wieder interviewen werden? Das steht noch nicht fest - da die Termine der Interviews noch nicht feststehen.

Dann noch zu damals: Hatte das Interview schlussendlich irgendwelche "Folgen"? Ja. Ich bin 2019 Europäischer Journalist des Jahres geworden, aufgrund dieses Interviews. Das hat mich sehr gefreut. Ich hätte mir nicht gedacht, dass ich Harald Vilimsky mal was zu verdanken habe (grinst).

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