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Detlev Buck: "Robert Habeck findet den Film gut"

Der deutsche Politiker hat einen Roman verfasst, der im TV zu sehen ist - mit Detlev Buck in der Titelrolle. Dieser verrät, dass er nebenbei auch Bauer ist.

Deichgraf Hauke Haien (Detlev Buck) mit seiner kleinen Tochter Wienke (Hanna Frieda Weiss) im Film „Die Flut – Tod am Deich“.
Deichgraf Hauke Haien (Detlev Buck) mit seiner kleinen Tochter Wienke (Hanna Frieda Weiss) im Film „Die Flut – Tod am Deich“.

Ein Roman des deutschen Vizekanzlers Robert Habeck (Grüne) und seiner Frau Andrea Paluch diente als Vorlage für den TV-Film, "Die Flut - Tod am Deich", der am Samstag, 27. 4. 2024, um 20.15 Uhr in ORF 2 läuft. Der Film basiert auf dem 2001 veröffentlichten Buch "Hauke Haiens Tod". Als Deichgraf Hauke Haien ist Detlev Buck zu sehen. Der heute 61-Jährige wuchs auf einem Bauernhof in Schleswig-Holstein auf und absolvierte eine Lehre als Landwirt, bevor er Filmschaffender wurde. Mit den von ihm inszenierten Filmen "Karniggels", "Wir können auch anders" und "Männerpension" wurde er in den 90er-Jahren bekannt. Es folgten viele Regiearbeiten (etwa für "Die Vermessung der Welt"), aber auch Werbefilme und Auftritte als Schauspieler - zuletzt im "Tatort" aus Münster. Buck lebt in Berlin und in Schleswig-Holstein, wo er im Nebenerwerb einen Bauernhof mit 30 Rindern führt.

Kennen Sie den deutschen Vizekanzler Robert Habeck persönlich? Sie stammen ja beide aus Schleswig-Holstein. Detlev Buck: Na ja, Habeck lebt oben in Flensburg, ich bin unten aus dem Holsteinischen zwischen Hamburg und Lübeck. Ich sollte mal eine Wahlveranstaltung mit ihm machen, da habe ich aber gesagt: Ich mache keine Parteipolitik. Ich interessiere mich für Politik und ich höre mir alle Seiten an, aber ich habe kein Parteibuch und habe das dann nicht gemacht. Ansonsten habe ich ihn schon öfter getroffen, weil er ja auch ein interessierter Typ ist, auch an Film und solchen Dingen.

Roman und Film knüpfen an Theodor Storms Schauernovelle "Der Schimmelreiter" an. Sie spielen Hauke Haien, der die Natur mit modernen Methoden zähmen will und stirbt. Sind Sie abergläubisch? Eher nicht, aber ich respektiere Aberglauben. Der Film sollte ja ursprünglich noch mehr in Richtung Mysterythriller gehen, es war ein langes Hin und Her, und am Ende hat der (aus Österreich stammende, Anm.) Regisseur Andreas Prochaska einen anderen Schwerpunkt gesetzt. Es geht um Haiens Tochter, die Jahre nach dessen Tod wissen will, was damals los war. Es ist also eine Geschichte für die Next Generation. Die will ja wissen, was in der Vergangenheit schiefgelaufen ist. Robert Habeck war bei der Premiere des Films, und ich glaube er fand ihn auch gut, besonders auch diese Perspektive der jungen Leute.

Viele junge Leute protestieren gegen den menschengemachten Klimawandel. Ich sehe das an meinen Kindern. Wenn ich zu lang den Wasserhahn laufen lasse, dann sagen die: Dreh doch mal den Hahn ab! Die haben schon ein stärkeres Umweltbewusstsein als ich. Die haben ja auch das Recht, die Dinge anders machen zu wollen, denn die bleiben ja wahrscheinlich ein bisschen länger auf der Erde als wir. Bei den Klimaklebern verstehe ich, wo ihre Wut herkommt, aber das ist teilweise völlig entglitten und unglücklich. Die jungen Leute denken, sie wüssten, wie alles geht - das ist natürlich übertrieben. Aber als ich damals Abi gemacht habe, dachte ich auch: Dieser Jahrgang wird alles besser machen. Das denkt jede Generation.

Hat Theodor Storm mit Hauke Haien schon 1888 den modernen Menschen vorweggenommen, der in seiner Hybris die Natur zerstört? Das mit der Hybris des Menschen ist ein uraltes Thema, und heute sehen wir die Folgen tagtäglich in den Nachrichten. Ein Freund von mir hat auf einem meiner Felder ein Tausende Jahre altes Beil aus der Steinzeit gefunden. An dieser Stelle hat also damals irgendein Mensch schon gearbeitet, sicherlich auch mit Tieren - und heute werden die Felder mithilfe von Robotern bearbeitet. Dann frage ich mich: Wer steht in 30 Jahren hier, wo ich jetzt stehe? Das Land ist länger da als jeder Mensch, das macht demütig.

Sie sind nicht nur Regisseur und Schauspieler, sondern auch gelernter Landwirt und haben einen Betrieb mit 30 Rindern. Was machen Sie sonst noch so auf Ihrem Hof? Ich lege jedes Frühjahr auf achteinhalb Hektar eine Blühwiese an, da stellt ein Freund seine Bienenvölker hin. Das ist vertraglich geregelt, ich kriege dafür eine Gegenleistung vom Land, sonst wäre das ein zu teurer Spaß. Das habe ich zum ersten Mal im ersten Coronalockdown gemacht, damals waren viele Menschen total hysterisch, hielten enorme Abstände zueinander, wenn sie sich begegneten - und die Natur fing ungerührt wieder an zu blühen. Die macht ihr Ding.

Ihre Filme sind oft moderne Heimatfilme. Was fasziniert Sie so an der Provinz? Es hat damit zu tun, dass ich damit groß geworden bin. Wenn ich auf dem Land bin, ist der Rhythmus ein ganz anderer als in der Stadt, es kommt mir immer vor wie ein Wunder. Weltweit haben die Provinz und das Land eine ähnliche Struktur. Die Langsamkeit, die Sturheit der Leute, die Lethargie teilweise. Mich fasziniert die Konsistenz - dass es in der Natur und auf dem Land immer wiederkehrende Prozesse gibt. Aber natürlich hat die Digitalisierung das Landschaftsbild wahnsinnig verändert. Man sieht ja auch keine Kuh mehr draußen, weil die alle vom Computer gemolken werden. Aber trotz des Strukturwandels verliert die Provinz nicht an Reiz für mich. Was mich bedrückt, ist eher, dass wir diese enorme Inflationierung des Bildes haben. Alles ist voller Bilder.

Durch den Streamingboom? Ja, aber nicht nur. TikTok liefert zum Beispiel auch bewegte Bilder, und das Handy ist ja ein neues Organ des Menschen geworden. Es werden so viele Geschichten erzählt, denen aber keine erlebte Wirklichkeit mehr zugrunde liegt. Dann kommt noch die künstliche Intelligenz on top, und es gibt keine Wahrhaftigkeit mehr in den Bildern. Mit KI hat man eine Büchse der Pandora geöffnet. Die Leute können einen großen, kunstvollen Film nicht mehr genießen, weil sie so mit Fast Pictures zugeballert werden. Das ist, als ob du fünf Whopper am Stück isst. Danach hast du auch keinen Appetit mehr auf ein Fünfsternemenü. Es beschäftigt mich, wie man damit umgeht.

Was sind denn Ihre nächsten Filmprojekte? Da gibt's ein paar Sachen. Unter anderem zwei Imagefilme für den Hauptverband Deutscher Filmtheater, damit die Leute wieder ins Kino gehen. Ob das hilft, weiß ich nicht. Ich glaube zwar, dass es im Kino eine Reise zurück zum einfachen Bild gibt, zu Filmen, die nach diesen wahnsinnig teuren Marvel-Spektakeln wieder Geschichten erzählen, die berühren. Aber das wird natürlich nicht die Masse sein. Die Masse ist beim schnellen Bild zu Hause. Die Aufmerksamkeit von jungen Menschen liegt maximal bei 15 Minuten, oder sie gucken parallel Handy und Film.

Das klingt aber nicht gerade optimistisch … Stimmt. Aber ich will nicht jammern. Meckern ja, aber nicht jammern. Ich hab mal ein Interview mit einem 100-Jährigen gesehen, der hat in seinem Leben alle möglichen großen Katastrophen erlebt, darunter den Absturz der Hindenburg 1937. Der hat am Ende des Gesprächs gesagt: "Ich bin gespannt, wie es weitergeht." Das hat mich tief beeindruckt und das kann ich nur unterschreiben.

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