SN.AT / Panorama / International

Vierköpfige Familie starb: Feuer in Wohnhaus in Solingen war gelegt

In der deutschen Stadt Solingen starb eine vierköpfige, vermutlich muslimische Familie. Ermittler fanden Reste eines Brandbeschleunigers im Treppenhaus. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Wuppertal ermittelt nun wegen Verdachts des Mordes und des versuchten Mordes. Die Ermittlungsbehörde hat keine Hinweise auf ein fremdenfeindliches Motiv, doch Integrations- und Islamverbände gehen von so einem rassistischen Hintergrund aus.

Blumen als Zeichen der Trauer vor der Brandruine in Solingen.
Blumen als Zeichen der Trauer vor der Brandruine in Solingen.

In einem Mehrparteienhaus in der deutschen Großstadt Solingen (Nordrhein-Westfalen, NRW) stellte sich nach einem verheerenden Brand heraus, dass das Feuer möglicherweise absichtlich gelegt wurde. Bei dem Inferno in der Nacht auf Montag war eine vierköpfige Familie ums Leben gekommen, die wohl aus Bulgarien stammte. Mehrere Menschen mussten mit unterschiedlich schweren Verletzungen in Krankenhäuser eingeliefert werden. Bewohner waren in Todesangst aus dem etwa 100 Jahre alten brennenden Altbau auf die Straße gesprungen. Laut Angaben der Stadt wurden drei Menschen schwer verletzt.

"Das Haus war zweifellos auch von Migranten bewohnt", sagte ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Wuppertal am Donnerstag. Der Islamverband Türkisch-Islamische Union Ditib in Köln hatte am Mittwochabend angegeben, das Feuer sei "in einem mehrheitlich von Menschen mit Migrationshintergrund bewohnten Haus" gelegt worden. Die Staatsanwaltschaft geht von vorsätzlicher Brandstiftung aus. In dem hölzernen Stiegenhaus seien Reste eines Brandbeschleunigers nachgewiesen worden, so die Ermittlungsbehörde.

Beim Eintreffen der Feuerwehr sei das Treppenhaus "rotglühend im Vollbrand gestanden", hatte Einsatzleiter Gottfried Kreuzberg gesagt. Der Fluchtweg sei "komplett weggebrannt". Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordes beziehungsweise versuchten Mordes. Anhaltspunkte für ein "fremdenfeindliches Motiv" lägen nicht vor.

Der Landesintegrationsrat NRW erklärte am Donnerstag: "Diese Tat ist ein weiterer Rückschlag für unser friedliches Miteinander." Auch wenn die Motivlage bisher nicht geklärt sei, müsse man "rassistische Hintergründe" vermuten, so Vorsitzende Tayfun Keltek.

Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den Getöteten wahrscheinlich um eine aus Bulgarien kommende Familie, eine Identifizierung stand demnach noch aus. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft ergänzte am Donnerstag, ob unter den Bewohnern womöglich weitere Nationalitäten vertreten seien, könne man noch nicht sagen.

Nach Angaben von Ditib sind bis auf eine Person alle Hausbewohner "türkischstämmige Muslime aus Bulgarien oder der Türkei". Bei der getöteten Familie - junge Eltern, ein dreijähriges Kind und ein Säugling - handelt es sich dem Islamverband zufolge um eine "muslimische Familie mit bulgarischer Staatsbürgerschaft". Die Ditib-Gemeinde habe bereits erste Gespräche mit den Hinterbliebenen aufgenommen.

"Der Tod einer ganzen Familie ist ein Tag der Trauer für unsere ganze Stadt", erklärte Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) schon unmittelbar nach dem Brand und ordnete eine Trauerbeflaggung an. Das Haus ist nun unbewohnbar. Die Stadt musste die Mieter anderweitig unterbringen.

Das katastrophale Feuer hatte bei vielen Menschen schlimme Erinnerungen geweckt: Im Mai 1993 waren bei einem rassistischen Brandanschlag in Solingen fünf türkischstämmige Frauen und Mädchen ermordet worden. Die Stadt ist mit ungefähr 160.000 Einwohnern etwas größer als die Stadt Salzburg und vor allem für die Schneidwarenindustrie bekannt.

KOMMENTARE (0)