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Wie wird Wohnen erschwinglich?

Ein OECD-Bericht analysiert die Lage in verschiedenen Staaten. Bezahlbare Preise und Mieten sind vielerorts ein Problem, nicht nur in Österreich.

Das Problem steigender finanzieller Belastung für das Wohnen ist nicht nur ein österreichisches. Das OECD-Center in Berlin hat sich dem Thema mit der "Stein-auf-Stein-Analyse" genähert. Demnach entfällt auf Wohnen im Vergleich zu anderen Ausgabenposten wie Gesundheit, Bildung oder Verkehr ein wachsender Anteil der Haushaltseinkommen. "Im Zeitraum 2005 bis 2015 hat dieser Anteil um durchschnittlich fünf Prozentpunkte zugenommen. In der Mehrzahl der OECD-Länder beläuft er sich inzwischen auf durchschnittlich 31 Prozent des Einkommens der Haushalte mit mittleren Einkommen", heißt es in dem Bericht. "Sozial benachteiligte Gruppen trifft dies besonders hart. Guter Wohnraum, vor allem in Arbeitsplatznähe, ist für sie häufig kaum erschwinglich. Sie leben oft in beengten Wohnverhältnissen - ein Problem, das während der Coronazeit besonders deutlich wurde."

Sorgen um Bezahlbarkeit von Wohnraum: OECD-Experte warnt vor Einfluss der Finanzmärkte

OECD-Experte Volker Ziemann beunruhigt zudem die aktuelle Entwicklung auf den Finanzmärkten: "Höhere Zinsen führen zu einer geringeren Kreditnachfrage, dazu kommen verschiedene verschärfte Kreditstandards in manchen Ländern." Hauptgrund für das Bezahlbarkeitsproblem ist, dass das Wohnungsangebot in Gegenden mit starker Nachfrage, zum Beispiel in städtischen Räumen mit zahlreichen Arbeitsplätzen, nicht ausreichend ist. Das liegt an geografischen Gegebenheiten ebenso wie an rechtlichen Beschränkungen, die in vielen Städten gelten, etwa Flächennutzungs- und Bebauungsvorschriften. Auch mietrechtliche Bestimmungen können die Effizienz der Immobilienmärkte beeinträchtigen.

Drei zentrale Herausforderungen für den Wohngebäudesektor

Der "Stein-auf-Stein-Bericht" sieht vor allem drei zentrale Herausforderungen: Nachhaltigkeit, Teilhabe und Effizienz. Thema ökologische Nachhaltigkeit: Laut OECD entfallen auf den Wohngebäudesektor weltweit 17 Prozent der energie- und prozessbedingten Treibhausgasemissionen sowie 37 Prozent der Feinstaubemissionen. "Um die vereinbarten Emissionsziele zu erreichen, bedarf es daher ambitionierter Initiativen zur Verringerung des CO₂-Fußabdrucks der Bautätigkeit sowie zur Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudebestands", heißt es in dem Bericht. "Ohne Maßnahmen würde sich dieser CO₂-Ausstoß bis 2050 verdoppeln", warnt Ziemann. "Das bedeutet, wir müssen weniger verbrauchen, Kochen, Heizen, Kühlen elektrifizieren und einen Ersatz durch karbonfreie Energiequellen schaffen."

Doch wie könnte nun beim Wohnen das Bremspedal bei den Kosten aussehen?

"Im OECD-Durchschnitt sind die öffentlichen Investitionen in den Wohnungsbau zwischen 2001 und 2018 von 0,17 Prozent auf 0,06 Prozent des BIP gesunken. Höhere Investitionen in den sozialen Wohnungsbau beziehungsweise in bezahlbaren Wohnraum machen sich gleich doppelt bezahlt: Sie helfen einkommensschwachen Haushalten und erhöhen zugleich direkt das Wohnungsangebot, womit sie den Aufwärtsdruck bei den Wohnimmobilienpreisen verringern. Damit sich solche Investitionen aber wirklich auszahlen, müssen die neuen Gebäude hohen Umweltstandards gerecht werden und die Entwicklung inklusiver, sozial gemischter Quartiere fördern, anstatt soziale und wirtschaftliche Gräben entstehen zu lassen", lautet ein Vorschlag aus dem OECD-Bericht. Österreich wendete laut "Österreichischem Wohnhandbuch" im Jahr 2020 0,5 Prozent des BIP für die Wohnbauförderung auf.

Aktuell lautet die Herausforderung, dass die höheren Zinsen ganz generell die Wohnbaufinanzierung auf die Probe stellen, heißt es beim deutschen Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Dort würde man in Hinblick auf die Nachhaltigkeit auch eine CO₂-Bepreisung grundsätzlich für gut halten, aber das könnte zu Marktversagen infolge von Liquiditätsproblemen führen bei unterschiedlichen Anreizen für Mieter beziehungsweise Vermieter.

Wie geht es aber nun weiter mit finanzierbarem Wohnraum?

"Die Banken haben heute doppelt so viel Eigenkapital als vor 2009", betont Thomas Hofer vom deutschen VDP (Verband Deutscher Pfandbriefbanken). Er rechnet aktuell bei der Preisentwicklung aufgrund der Nachfrageschwäche mit einer Seitwärtsbewegung bei den Preisen oder sogar mit einem Rückgang um fünf bis sechs Prozent bei selbst genutztem Eigentum: "Viele, die 2021 noch erwerben konnten, können das jetzt nicht mehr."

Der OECD-Bericht sieht beispielsweise Preissenkungspotenzial im Beseitigen von Hindernissen für erschwinglichen Wohnraum, etwa durch eine Steigerung der öffentlichen Investitionen in den Wohnbau. Gegen die hohen Baukosten wurde etwa in Deutschland eine Baukostensenkungskommission eingerichtet, die mehr als 70 Empfehlungen für alle Staatsebenen und die Wohnungswirtschaft abgegeben hat. Außerdem bieten sich in vielen Ländern Möglichkeiten, um Privatvermietungen erschwinglicher zu machen. In Österreich ist das teilweise durch die Richtwertmieten (früher Kategoriemieten) in Bauten, die in die Vollanwendung des Mietrechtsgesetzes fallen, schon seit Jahrzehnten der Fall.

"Hier gilt es, Angebotsengpässe zu beseitigen, Steuerneutralität zwischen Wohneigentum und Miete zu fördern, auf eine ausgewogene Berücksichtigung der Interessen der Eigentümer- und Mieterseite in den mietrechtlichen Bestimmungen hinzuwirken und gegebenenfalls hinreichend flexible Maßnahmen zur Stabilisierung der Mieten zu ergreifen", raten die Verfasser des "Stein-auf-Stein-Berichts".