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Immobilienmarkt: Ist die Talsohle erreicht?

Immobilienangebot hat sich drastisch verringert. Besonders in Innsbruck und Salzburg kommen immer weniger Mietwohnungen auf den Markt.

Der Immobilienmarkt könnte 2024 wieder einen Aufschwung erleben.
Der Immobilienmarkt könnte 2024 wieder einen Aufschwung erleben.

Gesunkene Nachfrage und Preise bei Eigentum führen aktuell zu einigen Bereinigungen in der Immobilienbranche. Auch Gewerbe und Retail sind davon betroffen. "Wir erwarten im zweiten Halbjahr 2024 eine Änderung, die Entwicklung wird wieder dynamischer werden", schätzt Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienring Österreich (IR), die Marktsituation optimistisch ein. Nach einem Höchststand der Kaufpreise in den vergangenen Jahren werden sich diese nun dem tatsächlichen Wert anpassen, ist Thomas Lainer, Vizepräsident des Immobilienring Österreich, überzeugt: "Die Talsohle ist bald erreicht." Das Bestellerprinzip führt etwa in Wien zu einem stark verringerten Angebot an inserierten Mietwohnungen. Spiegelfeld berichtet von einem Rückgang bis zu 50 Prozent, je nach Miethöhe.

"Die Nachfrage nach Miete ist ungebrochen."

"Es ist aktuell für unsere Branche schwierig und es werden noch Bereinigungen stattfinden. Aber jetzt ist Durchhalten angesagt", betont Spiegelfeld. Unternehmen, die über finanzielle Bonität verfügen, arbeiten antizyklisch weiter an ihren Projekten. Die Nachfrage nach Miete ist ungebrochen, die Mietpreise stiegen vor allem über Indexanpassungen. In Wien wurde in den vergangenen Jahren viel gebaut, damit sind die Preise stabil geblieben. Wo höhere Mieten verlangt werden, ist auch ein hoher Baustandard vorhanden.

Seit Einführung des Bestellerprinzips hat sich das Angebot auf Plattformen von Wohnungen bis 1000 Euro Miete um 50 Prozent reduziert, bei Wohnungen im Bereich 1000 Euro bis 1500 Euro um 25 Prozent. Ab 1500 Euro ist das inserierte Angebot stabil. Zur Berücksichtigung des Bestellerprinzips sagt Spiegelfeld: "Wir screenen laufend die Inserate auf Einhaltung des Bestellerprinzips. IR-Mitglieder wie auch die meisten anderen Immobilienmaklerinnen und -makler arbeiten gesetzeskonform." Gleichzeitig haben die Immobilienangebote im Internet, etwa auf Facebook zugenommen, Facebook-Gruppen, in denen Wohnungen angeboten und gesucht werden, vergrößern sich laufend. Die Mietangebote stammen in der Regel von Vormietern beziehungsweise Eigentümern, die sich in den vergangenen Jahren Wohnungen als private Anlage gekauft haben.

Spiegelfeld: "Wir beobachten bei unserem laufenden Screening sehr oft überhöhte Preise bei Wohnungen, die dem Mietrechtsgesetz unterliegen, aber auch Miethöhen, die in keiner Relation zum Standard des Angebots stehen. Vorsicht vor Fake-Angeboten ist auf jeden Fall angebracht." Seit 2023 nehmen die Angebote für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser zu, auch im höheren Preissegment. "Ab 400.000 Euro Kaufpreis ist das Interesse meist überschaubar", weiß der Experte. "Bei vielen Verkäufern ist die veränderte Marktlage noch nicht im Bewusstsein verankert."

Landeshauptstädte im Fokus

Das Mietwohnungsangebot in Linz ist im Jahresvergleich zu November 2022 stabil, es wurden in den vergangenen Jahren einige größere Wohnprojekte fertiggestellt. Allerdings hat sich der günstigere Mietbereich bis 750 Euro im Vergleich zu November 2022 halbiert. Ähnlich ist die Situation in Graz (aber unverändert im günstigeren Bereich) und St. Pölten. In Klagenfurt hat sich das inserierte Mietangebot von Wohnungen bis 1000 Euro Miete fast halbiert. Bei den Kaufpreisen verzeichnet Linz mit 10 bis 20 Prozent Rückgang den größten Einbruch. "Linz war sehr lange ein preislich moderater Markt und wurde als Geheimtipp gehandelt", erklärt Thomas Lainer. "Märkte, die sich spät entwickeln, sind die ersten, die wieder verlieren, wenn sich der Trend ändert."

Die beiden Landeshauptstädte Innsbruck und Salzburg führen im Bereich Wohnen seit vielen Jahren das Preisranking bei Eigentum ebenso wie bei Mieten an. Schon bisher knapper Wohnraum wird noch knapper, während die Nachfrage steigt. Daher bewegen sich die Mietpreise meist unabhängig vom Baustandard. Aktuell sind in Innsbruck rund 80 (im Vergleich zu 2022 ein Rückgang von rund 20 Prozent) und in Salzburg rund 150 Mietwohnungen (im Vergleich zu 2022 ein Rückgang von 50 Prozent) auf Plattformen inseriert. Auch die Angebote auf Social Media sind für diese beiden Städte rar. "Ein trauriger Rekord", resümiert Thomas Lainer.

Ganz teure oder ganz billige Wohnungen funktionieren beim Kauf, das gilt österreichweit, bestätigen Spiegelfeld und Lainer unisono. Penthousewohnungen sind meist vom Plan weg verkauft, denn die Klientel muss nicht finanzieren, sondern nur überweisen.

"Alles, was dazwischenliegt, steht", bestätigt Lainer. In Salzburg beispielsweise sind - bei einem aktuellen Quadratmeterpreis im Neubau von 8000 Euro bis 10.000 Euro - Garçonnièren gefragt. Sie sind klein und bei einer schlechteren Lage innerhalb des Wohnbaus gibt es preislichen Spielraum. Touristisch genutzte Objekte, bisher Selbstläufer, müssen wirtschaftlich darstellbar sein, dann finden diese Käufer.

Eine gute Nachfrage verzeichnen Logistikobjekte. Retail hat es aktuell sehr schwer, vor allem in Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Moderne Unternehmen, egal ob Gastro oder Handel, benötigen moderne Flächen.

Preisanstieg nur durch Indexierung

Die Mietpreise werden im nächsten Jahr über der Indexierung steigen, erwarten die beiden Experten. Anleger können damit langsam wieder positive Rendite erwirtschaften. Aufgrund der fehlenden Fertigstellungen im Neubausegment wird das Angebot an Mietwohnungen in Salzburg und Innsbruck weiter sinken. Denn von der Planung über die Baugenehmigung bis zur Fertigstellung dauert es rund zwei bis drei Jahre. In der Zwischenzeit baut sich der bereits vorhandene Rückstand weiter aus.

Gleichzeitig werden die Immobilienentwickler im ersten Halbjahr noch weiterhin unter Druck stehen. Der Stimmungstiefpunkt werde erst gegen Ende des ersten Quartals eintreten. "Im zweiten Halbjahr 2024 ist mit dem Sinken der Zinsen auf ein mittleres Niveau zu rechnen, dann wird die Entwicklung wieder dynamischer werden", ist Spiegelfeld überzeugt. "Wenn die monatliche Finanzierungsrate wieder überschaubar ist, dann wird auch wieder Wohneigentum gekauft."

ZURÜCKHALTUNG AUF DEM GEWERBEMARKT

Aufgrund des hohen Zinsniveaus und der aktuellen ökonomischen Rahmenbedingungen sind viele institutionelle Investoren auf dem Gewerbemarkt zurückhaltend beziehungsweise haben nicht die Möglichkeiten zu investieren. "Daraus ergeben sich für Investoren mit Eigenkapital und langfristigen Strategien interessante Optionen", sagt Andreas Ridder, Managing Director CBRE Österreich. Internationale institutionelle Investoren sind zurzeit wenig in Österreich tätig und werden voraussichtlich erst wieder aktiv am österreichischen Markt, wenn die Angebotspreise den neuen Realitäten entsprechen. In den nächsten Wochen könnten einige interessante Objekte auf den Markt kommen, was eine Aufwertung des Investmentmarktes bedeuten könnte. "Wir sprechen hier von Trophy-Asset-Immobilien, die auf den Markt kommen könnten und die nicht nur gut verkäuflich, sondern auch spannend für das eine oder andere Portfolio sein könnten", ergänzt Ridder. In den ersten drei Quartalen 2023 wurden rund 2,1 Mrd. Euro in österreichische Immobilien investiert, bis zum Jahresende sollten es rund 2,6 Mrd. Euro sein.