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E-Auto: Reichweiten-Tipps für den Winter

So fahren E-Autos bei Minusgraden (fast) wie gewohnt. Gezieltes Laden und Vorkonditionieren lassen die Akkus auch weniger schnell altern.

Akku-Experte Nikolaus Mayerhofer.
Akku-Experte Nikolaus Mayerhofer.

Bei Schneefall und Minusgraden fangen all jene an zu schwitzen, die oft längere Strecken am Stück mit einem Elektroauto unterwegs sind. Denn bei niedrigeren Temperaturen sinkt die Reichweite je nach Modell um bis zu 30 Prozent. Die Gründe dafür sind schnell erklärt.

Warum sinkt die Reichweite eines E-Autos bei Kälte?

Da Elektromotoren im Gegensatz zu Verbrennern keine Abwärme erzeugen, muss diese erst produziert werden, um den Innenraum, aber auch den Antriebsakku auf Temperatur zu bringen. Die Energie dafür kommt aus der Batterie. Und das lässt im Winter die Reichweite sinken und die Nervosität hinterm Steuer steigen.

"Durch das eigene Verhalten kann man den Stromverbrauch halbieren."
Nikolaus Mayerhofer
Co-Gründer und CTO Aviloo

Geht es nach dem Akku-Experten Nikolaus Mayerhofer, so ist die winterliche Reichweitenangst keineswegs alternativlos - ganz im Gegenteil: "Die gute Nachricht lautet, dass wir es zu großen Teilen selbst in der Hand haben, wie groß bei einem E-Auto der Energieverbrauch und damit auch die Reichweite ist", so der Mitgründer und technische Direktor des Unternehmens Aviloo. Gemeinsam mit seinem Team hat Mayerhofer vor einigen Jahren einen Batterietest entwickelt, der es möglich macht, die "Gesundheit" der Antriebsakkus gebrauchter E-Autos, deren tatsächliche Reichweite und damit auch den Wiederverkaufspreis objektiv zu bewerten. Heute vertrauen neben den heimischen Autofahrerclubs unter anderem auch der ADAC sowie der deutsche TÜV auf die Batteriediagnosen made in Austria.

Wichtigster Tipp für den Winter: Akku vorkonditionieren und Innenraum vorheizen

"Durch das eigene Verhalten kann man den Stromverbrauch halbieren und damit auch die Reichweite des E-Autos de facto verdoppeln", so der Akku-Experte. Sein wichtigster Tipp für die kalte Jahreszeit: "Wenn möglich, sollte man den Akku rechtzeitig vor Fahrbeginn vorkonditionieren und auch den Innenraum vorheizen, solange das Auto noch an der Wallbox hängt." Denn dann wird der Strom direkt aus der Steckdose genutzt, ohne den Umweg über die Batterie zu nehmen - und das wirkt sich nicht nur positiv auf die Reichweite aus, sondern auch auf die Lebensdauer des Energiespeichers.

Wer mangels einer eigenen Garage oder eines Carports keine Möglichkeit hat, das E-Auto zu Hause anzustecken, sollte dennoch darauf achten, dass der Akku vor dem Laden an einer öffentlichen Ladesäule auf die optimale Temperatur gebracht wird. Die meisten neuen E-Autos nutzen dazu die automatische Vorkonditionierung, die aktiviert wird, sobald im Navigationssystem ein bevorstehender Ladestopp angezeigt wird. Das Vorheizen des Energiespeichers verringert zwar unmittelbar die Reichweite, dennoch überwiegen die Vorteile bei Weitem, wie Nikolaus Mayerhofer bestätigt: "Vor allem an Schnellladesäulen mit Gleichstrom wird der Ladevorgang dadurch beschleunigt und der Akku langfristig geschont."

Neben Fahrweise beeinflussen Heizung bzw. Klimanlage den Verbrauch von E-Autos am meisten

Obwohl Heizung bzw. Klimaanlage neben der eigenen Fahrweise die größten Einflussfaktoren für den Verbrauch von E-Autos sind, muss man zugunsten der Reichweite deswegen noch lange nicht frieren: einfach die Heizung während des Ladens voll aufdrehen und bei Fahrtantritt wieder ausschalten. Bei längeren Fahrten empfiehlt es sich, anstatt des ineffizienten Luftgebläses die Sitzheizung und - falls vorhanden - die Lenkradheizung zu nutzen.

Auch statt im Sport- und Komfortmodus im Eco-Modus zu fahren, kann je nach Modell unzählige Kilometer mehr Reichweite bringen.

Einen großen Vorteil in Sachen Energieeffizienz bietet zudem eine Wärmepumpe, die immer mehr Modelle serienmäßig verbaut haben. Damit lassen sich aus einem Kilowatt elektrischen Strom bis zu drei Kilowatt Wärmeleistung erzeugen.

Lebensdauer des Fahrzeugakkus verlängern

Wer auch langfristig auf Nummer sicher gehen und die Lebensdauer des kostbaren Fahrzeugakkus verlängern möchte, sollte darauf achten, die Batterie richtig zu laden. "Wenn der Akku vollständig geladen oder stark entladen wird, kann dies zu Instabilität innerhalb der Zellen und möglicherweise zu Zelldefekten führen", erklärt Nikolaus Mayerhofer. "Der optimale Nutzungsbereich liegt zwischen 20 und 80 Prozent, da in diesem Bereich ein ausreichendes Gleichgewicht zwischen Plus- und Minuspol besteht."

Vor allem wenn das Auto längere Zeit geparkt wird, sollte der Ladezustand im besten Fall um die 50 Prozent betragen. Ein E-Auto vollgeladen über einen längeren Zeitraum ungenutzt stehen zu lassen ist für die Batterie ähnlich belastend wie regelmäßiges Schnellladen an einer Gleichstrom-Ladesäule.

Eines der häufigsten Missverständnisse betrifft laut Nikolaus Mayerhofer die sogenannten Ladezyklen. "Ein Vollzyklus heißt nicht, dass der Akku von 100 auf 0 Prozent entladen werden muss. Gemeint sind damit die energetischen Zyklen. Wenn eine Batterie 100 kWh Energie speichert und innerhalb eines Jahres 10.000 kWh geladen werden, ergeben sich daraus rechnerisch 100 Vollzyklen."