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Wie Salzburgs Hochschulen mit der KI umgehen

Die künstliche Intelligenz (KI) dringt derzeit in alle Lebens- und Arbeitsbereiche vor. Was das für die Salzburger Hochschulen bedeutet, wie sie KI nutzen, aber auch reglementieren wollen und wie sie vor allem die nächste Generation von Studierenden auf die KI vorbereiten, erklären die Rektoren und Vizerektoren von Paris Lodron Universität Salzburg, Fachhochschule Salzburg, Pädagogischer Hochschule Salzburg und Paracelsus Medizinischer Privatuniversität im SN-Interview.

KI an der Hochschule – frei interpretiert von Artsmart.ai.
KI an der Hochschule – frei interpretiert von Artsmart.ai.

Wie ist die Haltung Ihrer Hochschule zur neuen KI-Technologie - vor allem im Sinne generativer KI und LLM (Large Language Models) wie ChatGPT? Wolfgang Sperl (Rektor, Paracelsus Medizinische Universität): Die PMU steht den neuen KI-Technologien prinzipiell positiv gegenüber. KI-gestützte Tools eröffnen neue Möglichkeiten in Lehre und Forschung und werden auch in den späteren Berufsfeldern unserer Absolvent:innen in Medizin, Pharmazie und Pflege eine wichtige Rolle spielen. Wesentlich ist ein verantwortungsvoller, aber auch kritischer Umgang - daher ist uns wichtig, unsere Studierenden, Lehrenden und Forschenden entsprechend zu schulen und mit klaren Regularien zu begleiten. Wichtig ist ebenso die Aufklärung über die Limits der neuen Technologien.
Dominik Engel (Rektor und Geschäftsführer, Fachhochschule Salzburg): Wir fokussieren auf KI als Chance. Klarerweise müssen die Modalitäten für studentische Arbeiten und Abschlussprüfungen überarbeitet werden. Im Bereich der Arbeiten setzen wir einen noch größeren Fokus auf die intensive Betreuung, im Bereich der Abschlussprüfungen werden wir stärker in Richtung einer Defensio, eines Fachgesprächs zur Arbeit, gehen. Für den Umgang mit KI wurde eine FH-weite, generelle Richtlinie erstellt, die nun ständig erneuert wird, um mit den Entwicklungen auf dem Gebiet Schritt zu halten.
Matteo Carmignola (Vizerektor, Pädagogische Hochschule Salzburg Stefan Zweig): Gesellschaftliche Veränderungen sind nicht aufzuhalten, sondern in einem kritisch-reflektierenden Prozess zu rezipieren und dort, wo eine Passung gegeben ist, gezielt zu integrieren. An der PH Salzburg galt der allererste Fokus in der Arbeit zum Thema KI den Hochschullehrenden und den Lehrpersonen an Schulen, die wir in Fort- und Weiterbildungsangeboten begleiten, um Grundlagen- und Orientierungswissen über neue KI-Technologien zu vermitteln. Dadurch entstehen fachinterne Diskurse. Mit dem Fokus auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagog:innen setzen wir auf eine geleitete Erprobung von und Reflexion über KI-Tools für Lehr- und Lernzwecke mit dem Ziel, Entscheidungswissen aufzubauen, wann und wie KI-Tools in Lehr- und Lernprozessen zielführend eingesetzt werden können.
Martin Weichbold (Vizerektor) und Maria Tulis-Oswald (Leiterin AG Bildungspsychologie am Fachbereich Psychologie und AG Hochschuldidaktik und Hochschulforschung an der School of Education; beide Paris Lodron Universität Salzburg): An der PLUS verfolgen wir mit großem Interesse die Entwicklungen von ChatGPT und anderen KI-Anwendungen und auch die aktuellen Möglichkeiten und Grenzen zur Erkennung bzw. Plagiatsprüfung - auch wenn wir unser Augenmerk bewusst vermehrt auf die Möglichkeiten im Hinblick auf Mehrwert in Studium und Lehre richten und das Thema zum Anlass nehmen, um über notwendige Veränderungen der hochschulischen Lehr- und Lernkultur (weiter) nachzudenken. Dabei ist es uns wichtig, die damit einhergehenden Herausforderungen nicht außer Acht zu lassen. Diese diskutieren wir innerhalb der Lehrenden-Community und entwickeln in den kommenden Studienjahren zusammen mit zentralen Einrichtungen, wie dem Qualitätsmanagement oder dem Zentrum für Flexibles Lernen gemeinschaftlich Lösungen. Aktuell wird beispielsweise in einem wöchentlich stattfindenden, offenen Lehrenden-Jour-fixe das Thema immer wieder aufgegriffen oder es wurde als erster Schritt ein dynamisches Dokument mit hochschuldidaktischen Überlegungen entwickelt, die im Laufe der nächsten Semester auf Basis der Erfahrungen ergänzt und konkretisiert werden. Die digitale Transformation und der sinnvolle Einsatz von KI in der Lehre müssen systematisch und wissenschaftlich fundiert erfolgen - wir überstürzen daher nichts, aber wir ignorieren die Veränderungen auch nicht.

"Entwicklungen als Bedrohung zu bewerten wäre falscher Zugang."
Martin Weichbold
Paris Lodron Universität Salzburg

Welche Bedrohungen sehen Sie durch KI im Speziellen auf Ihre Hochschule - oder Hochschulen allgemein - zukommen? Matteo Carmignola: Eine Bedrohung wird dann empfunden, wenn Unsicherheiten bestehen. Daher setzt die PH Salzburg auf sichere Erfahrungsräume und offene Diskurse auch über negative Potenziale von KI-Tools. In einer frühen Phase des wissenschaftlichen Arbeitens kann eine unreflektierte Verwendung von KI-Tools - etwa eine umfassende Übernahme von KI-generierten Texten - ein gewisses Risiko darstellen, da wesentliche Übungsmöglichkeiten des wissenschaftlichen Schreibprozesses ausgelassen werden. Diese Perspektive spannt sich bis zu den Abschluss- und Qualifikationsarbeiten. Im Konzeptions- und Begutachtungsprozess der Arbeiten müssen durch KI die Kriterien der Originalität und der Eigenleistung an Bedeutung gewinnen.
Martin Weichbold und Maria Tulis-Oswald: Wir sehen durchaus zahlreiche Herausforderungen; die Entwicklungen als Bedrohung zu bewerten wäre aber ein falscher Zugang. Entscheidend wird sein, die Möglichkeiten und Freiräume durch KI sinnvoll zu nutzen, bisherige Lehr- und Prüfungsformate zu überdenken und anzupassen, einen sicheren und angemessenen sowie nachhaltigen und ethisch vertretbaren Umgang mit Daten zu gewährleisten. Nur wenn wir mit diesen Herausforderungen verantwortungsbewusst umgehen, hat KI einen echten Mehrwert. Dazu gehören auch hochschulübergreifende Standards.
Wolfgang Sperl: Eine zentrale Herausforderung ergibt sich bei Leistungen von Studierenden, die unbeaufsichtigt und gegebenenfalls durch KI-Tools erbracht werden könnten - etwa bei Abschlussarbeiten. Im Medizinstudium erfolgt der Großteil der Leistungsabfragen aber entweder unter Aufsicht oder durch praktisch-mündliche Kenntnisnachweise wie bei den OSCE-Prüfungen (objektiv-strukturierte klinische Examinationen).

"FH-weite Richtlinie für den Umgang mit KI."
Dominik Engel
Fachhochschule Salzburg

Welchen Nutzen sehen Sie durch KI im Speziellen für Ihre Hochschule - oder Hochschulen allgemein? Martin Weichbold und Maria Tulis-Oswald: Der Mehrwert von KI in der Hochschule kann unterschiedlicher Art sein: als Lernwerkzeug sowie Hilfsmittel für Studierende, als Arbeitsmittel und zur Unterstützung von Lehrenden, als Lerninhalt und Gegenstand von Studiengängen. Die digitale Transformation hat die Frage nach den zentralen Kompetenzen, die Studierende erwerben sollen, und nach sinnvollen bzw. kompetenzorientierten Formen der Leistungsüberprüfung erneut aufgeworfen. An der PLUS möchten wir die Hochschuldidaktik stärken und ausbauen, um diese Entwicklungen auch forschend begleiten zu können und theoriegeleitet Veränderungen zu unterstützen. Die PLUS ist zudem aktuell an mehreren österreichweiten Forschungsprojekten, beispielsweise zu KI in der Hochschullehre und im Bereich Digital Humanities, beteiligt oder führend.
Matteo Carmignola: Ich halte es für sehr treffend, KI-Tools mit einem Taschenrechner zu vergleichen: Ab einem gewissen Kompetenzgrad und einer Sicherheit in der Materie können diese Tools den Arbeitsprozess beschleunigen und optimieren. So können KI-basierte Recherchetools die Treffsicherheit und diskursive Vielfalt von Literaturquellen erhöhen, aus denen schon erste Textgliederungen konzipiert werden können, um in einem zweiten Schritt dem Text eine persönliche Argumentationslinie zuzuführen. Auch in der Schul- und Unterrichtspraxis erarbeiten unsere Studierenden und Fortbildungsteilnehmer:innen Möglichkeiten, wo und wie KI-Tools Planungs- und Lehrprozesse optimieren können.

"Angebote zu KI-Tools in Formaten weiter verankern."
Matteo Carmignola
Pädagogische Hochschule Salzburg


Dominik Engel: In vielen Bereichen, wie zum Beispiel im Software Development, wird KI bei uns sehr umfangreich eingesetzt. Die konkrete Festlegung, welche KI-Tools in den Lehrveranstaltungen verwendet werden dürfen, obliegt den Studiengängen und den LV-Leiter:innen. Der Umgang mit KI ist also bereits Teil unseres Studienangebots. Zum Beispiel im Master "AI for Sustainable Technologies", der im kommenden Studienjahr starten wird, sowie im Master "Realtime Art and Visual Effects". Wichtig ist uns, dass immer auch die ethische Perspektive thematisiert wird.
Wolfgang Sperl: KI-Systeme bieten Studierenden Hilfe beim Verstehen von Lerninhalten und beim Finden von Problemlösungen - beispielsweise in der Statistik oder bei der Analyse von Publikationen und Lehrbüchern. Lehrende profitieren von diesen Werkzeugen etwa beim Design innovativer Lehrveranstaltungen oder beim Abfragen didaktischer Methoden. Gerade in der Medizin werden KI-gestützte Systeme und Methoden in der Zukunft eine tragende Rolle spielen. Dementsprechend gilt es, dies auch in den Curricula abzubilden.

"KI-gestützte Tools eröffnen neue Möglichkeiten."
Wolfgang Sperl
Paracelsus Medizinische Privatuniversität

Wie planen Sie mit dem Thema in der Hochschulpraxis umzugehen - strategisch, operativ, regulativ? Martin Weichbold und Maria Tulis-Oswald: Transparent und kooperativ, unter Beteiligung aller Beteiligten und Vernetzung vorhandener Expertisen zum Thema.
Wolfgang Sperl: Die bestehenden Regularien zum Beispiel zur guten wissenschaftlichen Praxis oder auch die Studien- und Prüfungsordnung enthalten bereits wesentliche Grundsätze, die auch auf den Umgang mit KI-Werkzeugen anwendbar sind. Darüber hinaus bedarf es weiterer Vorgaben sowie der Schaffung von Anlaufstellen bei Fragen. Durch regelmäßige Infoformate sollen alle Nutzer:innen mit der Thematik vertraut gemacht werden.
Matteo Carmignola: Wir wollen Angebote zu KI-Tools in unseren Formaten weiter verankern. Neben der Perspektive der didaktischen und medienbildnerischen Verwendung im Beruf als Lehrer:in gilt ein zweites Augenmerk dem wissenschaftlichen Arbeiten, für das geeignete und nicht zielführende Anwendungen von KI erarbeitet werden.

KI an der Hochschule – frei interpretiert von Ideogram.ai.
KI an der Hochschule – frei interpretiert von Ideogram.ai.

3 STATEMENTS VON STUDIERENDEN

"KI wird das Studieren verändern"

Michael Gruber
Michael Gruber

Manuel Gruber (27), Südtirol, Kommunikations- und Politikwissenschaft an der Paris Lodron Universität Salzburg: "Künstliche Intelligenz wird Studieren auf jeden Fall verändern. Die technologischen Möglichkeiten bieten Chancen und zugleich Risiken. Diese zu erkennen ist wichtig für eine sinnvolle Nutzung der Tools. Künstliche Intelligenz unterstützt dabei, sich schnell einen Überblick über einen Themenbereich zu verschaffen. Entscheidend ist allerdings, welche Anweisungen an die Tools gerichtet werden, um brauchbare und valide Ergebnisse zu erhalten. Hier ist ein kritischer Zugang zu künstlicher Intelligenz Voraussetzung. Denn wissen die Tools nicht weiter, wird beliebig dazuerfunden, was aus Sicht des Algorithmus gut passt."

"Sich gegenseitig zuhören und motivieren"

Stefanie Pfeffer
Stefanie Pfeffer

Stefanie Pfeffer (28), Lehramt Primarstufe an der PH Salzburg: "Ich sehe den Einsatz von KI grundsätzlich als Bereicherung und denke, dass sie uns in vielerlei Hinsicht neue Möglichkeiten aufzeigen wird und in den unterschiedlichsten Bereichen Verbesserungen ermöglicht. Dabei ist es wichtig, sich Themen wie der KI anzunehmen, sich darüber zu informieren und die Vor- und Nachteile kritisch zu hinterfragen. Ich persönlich habe sie in Form von ChatGPT hin und wieder im Privaten, aber auch im Studium als Unterstützung und Inspiration genutzt. Gerade deswegen sehe ich auch gleichzeitig, dass die KI viele Herausforderungen in Sachen Datenschutz, Urheberrecht, Transparenz oder Ethik mit sich bringt. Ich glaube jedoch, dass durch verantwortungsvollen und bewussten Einsatz die KI mehr Vor- als Nachteile bietet und viele Türen in der Zukunft öffnen wird."

"Spannende Chance für innovative Ideen"

Marcus Kaltenbrunner
Marcus Kaltenbrunner

Marcus Kaltenbrunner (25), Studiengang Business Informatics an der Fachhochschule Salzburg: "Ich persönlich bin von den Möglichkeiten KI-basierter Systeme begeistert und sehe sie als spannende Chance, innovative Ideen umzusetzen. Während meines Studiums hatte ich verschiedene Berührungspunkte mit der KI. Neben der privaten Nutzung wurde das Thema künstliche Intelligenz auch in den Lehrveranstaltungen vielfältig thematisiert und im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich in den letzten Monaten sehr intensiv mit einem Teilgebiet der KI beschäftigt. Meiner Meinung nach hat die künstliche Intelligenz das Potenzial, viele Branchen zu revolutionieren und unser Leben in vielerlei Hinsicht zu verbessern."

Sie wollen noch weitere Geschichten rund um das Thema Hochschulen lesen? Dann schauen Sie in die SN Beilage „Journal Hochschule“ – ab 10. November kostenlos im E-Paper oder in der SN-App.

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