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Gründe für Angst am Arbeitsplatz

Leistungsdruck, Mobbing, Jobverlust. Wovor sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fürchten - und was dagegen hilft.

80 Prozent der Befragten besprechen ihre Probleme, zumeist mit ihren Kolleginnen und Kollegen oder der Personalabteilung.
80 Prozent der Befragten besprechen ihre Probleme, zumeist mit ihren Kolleginnen und Kollegen oder der Personalabteilung.

Ein ungutes Gefühl in der Magengegend beim Gedanken daran, am nächsten Tag wieder arbeiten gehen zu müssen. Eine lähmende Schwere, die sich im Kopf und auch im Körper ausbreitet. Unter Ängsten vor dem und am Arbeitsplatz leiden laut einer aktuellen Studie 87 Prozent aller Menschen. "Die Studie wurde von der Karriereplattform Zety in den USA durchgeführt, ist aber aufgrund des westlichen Kontextes zum Teil auch auf die Menschen in Österreich übertragbar", erklärt die Karriereexpertin Kathrin Przadkiewicz. Einerseits sei der Druck auf Arbeitnehmerinnen und -nehmer in den USA wohl höher, seien die Staaten doch bekannt für ihre Hire-and-Fire-Kultur. Andererseits handle es sich bei den meistgenannten Ängsten um solche, die auch bei vergleichbaren Studien in Österreich und Deutschland herausstachen.

Leistungsdruck in allen Branchen: Angestellte kämpfen mit Überlastung und Burn-out-Gefahr

Allem voran und über alle Branchen hinweg plagt der Leistungsdruck die Angestellten. "Die Mehrzahl hat angegeben, Angst davor zu haben, Verantwortung zu übernehmen und die Arbeitslast nicht mehr bewältigen zu können", sagt Przadkiewicz. Dazu passt auch die Anzahl jener, die in Österreich das Burn-out-Syndrom erleiden - in einer Studie vor sieben Jahren waren es ganze acht Prozent, 36 Prozent befanden sich in Vorstadien des Ausbrennens und nur 52 Prozent konnten als gesund eingestuft werden. Dass sich die Situation bis heute gebessert hat, scheint, auch in Anbetracht der Belastungen der Pandemie, unwahrscheinlich. Verbunden mit der Angst vor dem Leistungsdruck sei auch jene vor dem Versagen sowie davor, Entscheidungen zu treffen, die sich als falsch erweisen könnten, und Fehler zu machen.


Soziale Ängste und Mobbing - Die unterschätzten Herausforderungen am modernen Arbeitsplatz

Der zweite große Angstfaktor ist ein sozialer. "Sehr viele Probandinnen und Probanden haben angegeben, dass sie sich davor fürchten, von ihren Kollegen oder Chefs nicht gemocht zu werden", führt die Karriereexpertin weiter aus. Dabei spielt Mobbing eine große Rolle. 74 Prozent gaben in der Zety-Studie an, sich bereits am Arbeitsplatz diskriminiert gefühlt zu haben. Das passt gut zu den Zahlen, die in einer Studie in Österreich erhoben wurden: Nach dieser erlebten rund 67 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgrenzendes und isolierendes Verhalten am Arbeitsplatz. 40 Prozent wiederum gaben an, dass Mobbing ein Problem an ihrem Arbeitsplatz darstelle. "Zu den sozialen Ängsten gehört sowohl die Angst davor, von der Gruppe nicht aufgenommen zu werden, als auch jene, öffentlich oder am Telefon zu sprechen. Es fällt alles dort hinein, was mit sozialem Kontakt zu tun hat."


Jobverlustängste im Beruf: Warum 14 Prozent vor dem Gespräch mit Vorgesetzten zögern

Erst die am dritthäufigsten genannte Angst sei die existenzielle vor dem tatsächlichen Jobverlust. Diese Sorge geht dabei in manchen Fällen mit den anderweitigen Ängsten einher. "14 Prozent haben Angst, sie könnten entlassen werden, wenn sie mit ihrem Chef oder ihren Kollegen über ihre Ängste sprechen", erklärt Przadkiewicz. Die Furcht davor, in eine Schublade gesteckt, stigmatisiert zu werden, sei groß. "Häufig spielt da auch ein Schamgefühl mit hinein, sodass die Ängste eher versteckt werden und sich Probleme bilden, die nicht gelöst werden. Diese Kette aus Angst und Problemen verstärkt sich dann immer weiter."

"Viele fürchten sich davor, über ihre Ängste zu sprechen."
Kathrin Przadkiewicz
Karriereexpertin


Studie enthüllt: So können Ängste am Arbeitsplatz überwunden werden

Doch wie lassen sich die Ängste und Probleme lösen? Hier ergab die Zety-Studie eine positive Zahl: 80 Prozent der Befragten besprechen ihre Probleme, zumeist mit ihren Kolleginnen und Kollegen oder der Personalabteilung. "Das Einbeziehen von anderen Menschen kann helfen, sich verstanden zu fühlen und ein größeres Bewusstsein untereinander für die Probleme und Sorgen zu schaffen", sagt Przadkiewicz. Auf der Arbeitgeberseite sei es wichtig, ein Arbeitsklima zu schaffen, in dem Stigmata abgebaut werden. "86 Prozent der Befragten haben angegeben, dass die notwendigen Ressourcen auf der Arbeitgeberseite da sind, um das Arbeitsklima zu verbessern. 72 Prozent haben sich gewünscht, dass gezieltere Beratungs- und Therapiemöglichkeiten für Ängste und Phobien geschaffen werden. Daraus ergibt sich, dass Arbeitgeber das Thema mehr in den Fokus rücken und entsprechende Angebote schaffen sollten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten diese dann wiederum auch in Anspruch nehmen."

In manchen Fällen könne es auch eine Lösung darstellen, den Arbeitsplatz zu wechseln. "Allerdings sollte davor erstens geklärt werden, ob die Ängste wirklich mit diesem spezifischen Arbeitsplatz zusammenhängen", rät die Karriereexpertin, "und zweitens sollte man sich vorab informieren, ob der potenzielle neue Arbeitgeber ein besseres Betriebsklima bietet."