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Effektive Führung durch bewusste Kommunikation

Transaktionsanalyse als wirksames Führungswerkzeug: Was sperrig klingt, kann die Kommunikation in Unternehmen schnell verbessern.

Wie wir miteinander kommunizieren, spricht unterschiedliche Anteile in uns an.
Wie wir miteinander kommunizieren, spricht unterschiedliche Anteile in uns an.

Herr Lindner verschwitzt schon mal den ein oder anderen Termin. Als das eines Morgens erneut passiert, reagiert sein Chef patzig: "Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie Ihren Kalender vorm Heimgehen noch einmal prüfen sollen? Ich bin enttäuscht von Ihnen." Es sind Sätze wie diese, die Herrn Lindner einschüchtern. Er fühlt sich wie ein Kind, das von einem Elternteil geschimpft wird. Wenig überraschend reagiert er auch wie ein solches. Mit eingezogenen Schultern schleicht Herr Lindner kleinlaut in sein Büro.

Jeder hat ein Eltern-Ich, ein Erwachsenen-Ich und ein Kind-Ich in sich

Dass in unserem Beispiel ein Vorgesetzter wie ein Elternteil kommuniziert und damit einen anderen Erwachsenen in die Rolle des Kindes versetzt, beschreibt die Transaktionsanalyse recht anschaulich im Modell der Ich-Zustände: Jeder von uns trägt drei Anteile in sich, ein Eltern-Ich, ein Erwachsenen-Ich und ein Kind-Ich.

In unterschiedlichen Situationen nehmen wir im Alltag immer wieder andere Ich-Zustände ein.

Wer diese Dynamik erkennt, kann gegenlenken und so Missverständnisse, schlechte Stimmung und Konflikte vermeiden.

Transaktionsanalyse ist Beziehungsarbeit

Wenn wir miteinander kommunizieren, tauschen wir unweigerlich Signale aus. Das können Handlungen, Gesten oder Worte sein. In der Transaktionsanalyse werden diese Signale als Transaktionen bezeichnet. Entwickelt wurde das Modell vom US-amerikanischen Psychoanalytiker Eric Berne in den Fünfzigern.

"Erst wenn ich mich und andere verstehe, kann ich gut arbeiten."
Hans-Georg Hauser
Transaktionsanalytiker

Der heute 79-jährige Hans-Georg Hauser brachte die Transaktionsanalyse als Führungswerkzeug in den Siebzigerjahren nach Österreich und leistete damit Pionierarbeit in der Organisationsberatung: "Es hat damals in den Zeitgeist gepasst, weil in Unternehmen schon langsam ein Umdenken begann. Der Mensch wurde nicht mehr nur allein als Produktionsfaktor gesehen." Außerdem war das Instrument leicht verständlich und zeigte schnell Wirksamkeit: "Modelle der Transaktionsanalyse helfen, die Wirklichkeit zu verstehen. Erst wenn ich mich selbst und meine Mitmenschen verstehe, kann ich gut mit ihnen arbeiten."

Neue Wege für Führungskräfte mit Transaktionsanalyse

Das Eltern-Ich hat zwei Seiten. Aussagen, wie die von Herrn Lindners Chef lassen auf das kritische Eltern-Ich schließen. Dieser Ich-Zustand hebt schnell den moralisierenden Zeigefinger und benutzt gern den Befehlston.

Im Gegensatz dazu gibt es das fürsorgliche Eltern-Ich, das hilft, tröstet und ermutigt. Führungskräfte, die am liebsten alles selbst erledigen und ihrem Team wenig zutrauen, kommunizieren gern in der Haltung des fürsorglichen Eltern-Ichs. Sie verhindern so, dass Mitarbeitende Erfahrungen sammeln und Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig steuern sie selbst auf eine Überlastung zu. Aufträge werden nicht zeitgerecht abgearbeitet, die Produktivität leidet, die Kollegen auch.

"Das Sichtbarmachen ist der erste Weg zur Veränderung", weiß Hauser, doch der nächste Schritt ist dann der schwerste: Durch gezielte Übungen sollen sie lernen, in Zukunft anders zu handeln. "Ich bin davon überzeugt, dass Menschen in der Lage sind, Konzepte zu entwickeln, um sich zu helfen, wenn sie erst einmal erkennen, was eigentlich los ist."

""Wenn Führungskräfte sich selbst besser verstehen und begreifen, dann entdecken sie plötzlich Handlungsalternativen""
Hans-Georg-Hauser
Transaktionsanalytiker

Hauser hat in seiner Laufbahn Führungskräfte und Unternehmen aus verschiedenen Branchen mithilfe der Transaktionsanalyse auf neue Wege gebracht. Mitunter war er ein gefragter Berater und Trainer in der Baubranche. Dort sei der Ton besonders rau, erinnert sich Hauser. "Wir können es am besten, außer uns leistet hier niemand wertvolle Arbeit", sei eine gängige Haltung. Die Zusammenarbeit mit Subunternehmern und Mitarbeitenden war folglich oft schwierig und wenig partnerschaftlich, Bauverzögerungen und Produktivitätseinbußen die Folge.

"Wenn Führungskräfte sich selbst besser verstehen und begreifen, dann entdecken sie plötzlich Handlungsalternativen", ist Hauser überzeugt, denn: "Führung ist nicht dazu da, für andere zu denken. Sie soll vielmehr einen Rahmen schaffen, damit Mitarbeitende befähigt werden, eigenverantwortlich zu denken und zu handeln."

Wie man Transaktionsanalyse lernt

Hans-Georg Hauser wird heuer 80 Jahre alt. An Ruhestand will er noch gar nicht denken. Er arbeite seinem Alter entsprechend angepasst weiter, wie er sagt. Gelernt hat Hauser in der Transaktionsanalyse viel von Fanita English, einer Vorreiterin und Ikone in der Szene. Die US-amerikanische Psychoanalytikerin und Psychotherapeutin verstarb 2022 im Alter von 105 Jahren. "Fanita war eine der Ersten in Deutschland, die sich mit Menschen und Führungskräften beschäftigt haben", weiß Hauser. Sie habe die Transaktionsanalyse um einige wichtige Konzepte erweitert.

Hauser selbst ist Mitbegründer der Österreichischen Gesellschaft für Transaktionsanalyse (ÖGTA) und noch heute bei Veranstaltungen und Kongressen der ÖGTA anzutreffen. Die ÖGTA versteht sich als Ausbildungsverein für Transaktionsanalyse in Österreich in den Anwendungsfeldern Organisation, Pädagogik, Erwachsenenbildung und Beratung. Dass die ÖGTA speziell auch in Salzburg so aktiv ist, ist ebenfalls auf Hauser zurückzuführen. Erst im vergangenen Oktober fand der ÖGTA-Kongress "Kunststück Führung" im Heffterhof statt.