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Die Wichtigkeit der künstlerisch-kreativen Fächer in der Schule

Als Koordinator für Musik, Kunst und Kultur der Bildungsdirektion Salzburg kümmert sich Christoph Matl um alle Schultypen. Der Experte erklärt, warum künstlerisch-kreative Fächer so wichtig sind.

Christoph Matl: „Die Kreativität gehört zum Alltag der Kinder dazu.“
Christoph Matl: „Die Kreativität gehört zum Alltag der Kinder dazu.“

Christoph Matl kam schon früh mit Musik, Theater und Literatur in Berührung. Heute ist Matl mit einer halben Lehrverpflichtung Koordinator für Musik, Kunst und Kultur der Bildungsdirektion Salzburg und arbeitet für den Bereich der künstlerisch-kreativen Fächer (Kunst und Gestaltung, Technik und Design, Musik) aller Schultypen bzw. ist Schnittstelle zwischen Kulturinstitutionen und Schule.

Christoph Matl ist Koordinator der künstlerisch-kreativen Fächer an der Bildungsdirektion Salzburg.
Christoph Matl ist Koordinator der künstlerisch-kreativen Fächer an der Bildungsdirektion Salzburg.

Mit der anderen halben Lehrverpflichtung unterrichtet Matl an der Musikmittelschule in Henndorf. Früher lehrte er Didaktik in Linz, elementare Komposition am Orff-Institut, schrieb Bücher für den Musikunterricht, ist Referent in der Lehrerfort- und -weiterbildung. Nebenbei ist er auch als Musikvermittler und in der Chorlandschaft aktiv. Matl stammt aus einer Familie, in der es zum Alltag zählte, gemeinsam mehrstimmige Lieder und Kanons zu singen. Als Kind lernte er Gitarre und wurde bei den Domkapellknaben aufgenommen. "Außerdem habe ich immer wieder Theater gespielt", erzählt er. Im Rahmen seiner Lehrertätigkeit schrieb er auch Theater- und Hirtenstücke oder Musicals selbst.

"Singendes und Klingendes Klassenzimmer": Frühkindliches Musizieren

Als Koordinator für die künstlerisch-kreativen Fächer ist er für alle Schultypen im Bundesland Salzburg verantwortlich. "Wir haben regelmäßig Dienstbesprechungen in der Lehrerschaft, da finden sich die verschiedenen Koordinatoren und Kustoden ein, um aktuelle Themen zu besprechen. Gerade war der Lehrermangel ein großes Thema und da haben wir uns natürlich gefragt, was wir als Lehrer machen können, um die Schülerinnen und Schüler für den Lehrberuf zu begeistern", sagt Matl. Er ist mit Ausbildungsstätten wie der Pädagogischen Hochschule oder der Universität Mozarteum in gutem Kontakt. "Wir versuchen, gemeinsame Projekte zu lancieren, um die kreativen Fachbereiche ins Rampenlicht zu bringen." Mit den Ausbildungsstätten werden auch die Fort- und Weiterbildungen bzw. die Zusammenarbeit mit den Schulen besprochen.

Um im Volksschulalter die Leidenschaft für die künstlerisch-kreativen Fächer zu wecken bzw. das Lehrpersonal zu schulen, werden verschiedene Projekte organisiert. Das "Singende Klassenzimmer" beispielsweise soll das tägliche Singen in den Volksschulen befeuern, es ist eine gemeinsame Aktion zwischen PH, Salzburger Volkskultur, Musikum, dem Chorverband und der Bildungsdirektion Salzburg. Lehrerinnen und Lehrer, die sich für die Aktion anmelden, verpflichten sich, mit den Kindern 10 bis 15 Minuten täglich zu singen. "Sie bekommen dabei Unterstützung von einem Singcoach des Musikums", sagt Matl. Ein Mal pro Jahr gibt es ein großes Abschlussfest, bei dem das freudige Singen im Mittelpunkt steht und so richtig gefeiert wird.

Beim "Klingenden Klassenzimmer" - einer Aktion von PH, Musikum und Bildungsdirektion - kommt ein Musikcoach über zwei Jahre in die Klasse und unterstützt die Lehrperson. "Hier erhält die Lehrperson ein sehr intensives Coaching, was die Qualität des Musikunterrichts enorm steigern kann", erklärt Matl. Der Lehrgang ermöglicht den teilnehmenden Lehrkräften den Erwerb umfassender Qualifikationen für die musikalische Bildung und Erziehung aller Schülerinnen und Schüler im Klassenunterricht sowie am gesamten schulischen Standort.

Wie kann man denn Schülerinnen und Schüler für künstlerisch-kreative Fächer begeistern?

"Man muss ihnen die Zeit geben, damit sie sich auch richtig damit beschäftigen können. Uns muss bewusst sein, was der kreative Bereich in puncto Hirnentwicklung, Freude und Resilienz leistet. Die Kinder können hier sehr viel lernen und diese Wichtigkeit muss man den Kindern vermitteln, ihnen klarmachen: ,Es ist super, wenn du zeichnest, bastelst, mit Holz arbeitest, schraubst, schnitzt oder Musik machst'", erklärt Matl. Eine Studie zur musikalischen Früherziehung von Professor Manfred Spitzer, Neurowissenschafter an der Universität Ulm, die im Auftrag des Landes Oberösterreich durchgeführt wurde, zeigte laut dem Experten, dass tägliches Musizieren besonders gute Effekte in Bezug auf Selbstregulation und Sprachentwicklung hat, was sich auf das gesamte Lernvermögen auswirkt. Für Matl ist es auch entscheidend, dass die Erwachsenen die Freude an Musik, Kunst und Kultur vermitteln und zeigen, dass dieser Bereich ein wertvoller Teil des Lebens ist.

Breite und Spitze in kreativen Bereichen fördern

Für die Schulen gibt es viele künstlerisch-kreative Angebote. "Unsere ausgezeichneten Salzburger Kulturinstitutionen bieten absolut hochwertige Vermittlungsangebote und Fortbildungen in den kreativen Bereichen an." Auch im musikalischen Bereich nennt Matl exemplarisch das Landesjugendsingen und den Tag der Stimme, der in die Lange Nacht der Chöre übergeht. Einerseits sei es durch Wettbewerbe wie Prima la Musica wichtig, die Spitze auszuloten und zu fördern. Andererseits sei es aber genauso wichtig, die Breite zu fördern. "Das gelingt durch Präsentationen und Events, bei denen der reine Spaß am Tun im Vordergrund steht", ist sich Matl sicher. Durch Präsentationen wird das kulturelle Leben in den Gemeinden befruchtet und auch das Zusammenspiel zwischen Schulen und Vereinen gefördert.

Eine Umfrage der Körber-Stiftung fragte kürzlich Eltern, welche Schulfächer für die berufliche Zukunft ihrer Kinder wichtig seien. "Der kreative Bereich war da leider ganz unten auf der Skala. Dabei weisen viele Forscherinnen und Forscher darauf hin, dass die kreative Bildung unersetzbar ist, um das Potenzial des Gehirns auszuschöpfen bzw. zu steigern, und zum selbstverständlichen Alltag von Kindern dazugehören sollte", sagt Matl, der dabei anführt, dass musizierende Schülerinnen und Schüler im Schnitt im oberen Leistungsbereich anzutreffen sind.

"Man setzt sich viel mit Texten auseinander, sinnerfassendes Lesen, die Konzentration und die Sprachvermittlung werden gefördert." Kinder, die für Präsentationen und Konzerte viel Zeit und Einsatz aufwenden, haben eigentlich weniger Zeit für das Lernen. "Aber durch die Motivation schaffen sie es, dass sie viele Sachen in viel kürzerer Zeit lernen."

Chancen und Gefahren von künstlerischer Intelligenz

Wie sieht die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer in den künstlerisch-kreativen Fächern im Bundesland Salzburg aus? In der Primarstufe werden die Lehrer an der Pädagogischen Hochschule unterrichtet. In der Sekundarstufe erfolgt die Ausbildung an der Universität Mozarteum. Matl schränkt jedoch ein, dass mittlerweile bis zu 75 Prozent der Unterrichtsstunden der künstlerisch-kreativen Fächer in österreichischen Mittelschulen von fachfremden Personen unterrichtet werden. "Mit Quereinsteigern kann man ein bisschen was abfangen, aber nicht alles. Es wäre wünschenswert, wenn sich mehr Leute melden."

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz wird auch vor den Bereichen Kunst, Kultur und Musik nicht haltmachen. "Die Vorteile sind, dass man durch gezielten Einsatz ganz andere Ideen bekommt, an die man nicht gedacht hat. Das wird dazu führen, dass man immer wieder kreative Leute brauchen wird, um KI weiterzuentwickeln. Solche Menschen werden am Arbeitsmarkt total gefragt sein", so Matl, der ergänzt. "Der Nachteil von KI ist, dass, wenn man sich zu sehr darauf verlässt, die eigenen Fähigkeiten nicht mehr geschult werden. Kreative Dinge müssen im Kopf entstehen."

Was empfiehlt Christoph Matl jungen Menschen, wenn es um die Wahl des Schultyps im künstlerisch-kreativen Bereich geht? "Unbedingt die Schulen nach seinen Interessen auswählen und sich dann den Eignungsüberprüfungen stellen. Da bekommt man gute Rückmeldungen. Das Wichtigste: Die Eltern sollten ihre Kinder gut im Blick haben. Wenn das Interesse für Zeichnen, Werken, Malen oder Singen schon da war, dann sollte man das fördern und mit den Kindern nach entsprechenden Schulen suchen."

Sie wollen mehr über das Thema Schule und Weiterbildung wissen? Dann lesen Sie weitere Artikel in der SN-Beilage „Journal Schule“ – ab 20. Oktober kostenlos im E-Paper oder in der SN-App.

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