SN.AT / Kolumne / Bits und Bites / Bits & Bites

Hausdurchsuchung am Handy - (k)eine Liebesgeschichte

Seit Jahren wird die Überwachung von Messengerdiensten debattiert. Seither schreibt Herr A Frau B Liebesbriefe.

Thomas Hofbauer

Herr A schreibt einen Brief an Frau B, wirft ihn in den Briefkasten, dort wird er abgeholt, in das erste Verteilzentrum gebracht, von dort weiter in das Verteilzentrum in der Nähe von Frau B und dann per Briefträger zugestellt. Endlich, die ersehnte Nachricht von einer geheimen Liebe! Zeugen dafür gibt es einige, die kennen zwar nicht den Inhalt des Briefs, aber zumindest die sogenannten Metadaten: Wer hat wann, wem einen Brief geschrieben.

Damit die süße, aber geheime Liebe nicht auffällt, lassen sich Herr A und Frau B etwas Besseres einfallen. Nein, sie schreiben sich keine WhatsApp, darüber später. Sie kaufen sich zwei versperrbare Kisten. Die deponieren sie über der Grenze im Ausland und lassen sich diese Kiste täglich von einem Boten bringen.

Was wissen wir jetzt über ihren geheimen Briefwechsel? Wenig. Vielleicht existiert er schon längst nicht mehr oder es sind täglich mehrere Briefe in der Kiste. Oder gar Briefe von Frau C, denn Herr A nimmt es nicht so genau in Liebesdingen, bei der Idee mit den Kisten ist er geblieben. Und vielleicht gibt es auch einen Herrn D. Zu viele versperrte Kisten werden da durch die Welt transportiert. Zu viele, um den Überblick zu behalten.

Natürlich funktioniert das heute digital, das Prinzip ist das gleiche. Bei SMS weiß man, wer wem eine Nachricht schickt, und auch bei der Telefonie können die Telefongesellschaften genau sagen, wer mit wem telefoniert, ohne das Telefonat abzuhören, nur aus den Metadaten. Bei Messengerdiensten wie WhatsApp ist selbst das ungewiss. Aus dem Datenverkehr sieht man nur, dass jemand WhatsApp benutzt. Welche Daten ankommen, ist verschlüsselt, steckt in einer versperrten Kiste, die nur der öffnen kann, für den sie bestimmt ist.

Per WhatsApp, Telegram und viele andere Messengerdienste werden aber nicht nur Liebesbriefe verschickt. Auch Terroristen und Verbrecher tauschen sich aus. Daran beißen sich Sicherheitsbehörden die Zähne aus. Der einzige Weg, an diese Nachrichten zu kommen, ist eine virtuelle Hausdurchsuchung am Handy per Software, die als Bundestrojaner bezeichnet wird. Dem hat der Verfassungsgerichtshof 2019 einen Riegel vorgeschoben, weil er die Privatsphäre zu sehr verletzt, wenn das ganze Handy durchsucht wird. Doch das muss nicht heißen, dass das Thema vom Tisch ist. Aus Sicht der Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes ist es neu zu diskutieren, weil mittlerweile Überwachungssoftware auf dem Markt ist, die zielgerichtet Nachrichten durchforsten kann. Daher: Besser eine "Hausdurchsuchung", die beim Briefkasten endet, als freie Bahn für Kriminelle.

KOMMENTARE (0)