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Das Internet, das ist doch auch so ein Kriegsding

Der Krieg sei der Vater aller Dinge, philosophierte Heraklit 500 vor Christus. Für das Internet trifft das sicher zu, wenn man den gängigen Erzählungen glaubt. 1968 erteilte die US Air Force einer kleinen Forschergruppe unter der Leitung des Massachusetts Institute of Technology und des US-Verteidigungsministeriums den Auftrag, ein Computernetzwerk zu entwickeln. Es wurde Arpanet genannt. Die Grundidee war, Daten nicht in einem Schwung über eine Leitung zu übermitteln, sondern in einzelnen kleinen Paketen, die sogar unterschiedliche Routen nehmen können. Damit einher ging auch die Idee, ein Netzwerk zu schaffen, wie man es auch von Straßen kennt. Ist ein Weg versperrt, findet sich ein Umweg, es dauert zwar länger, aber man kommt irgendwann an.

Je länger die Geschichte des Internets erzählt wurde, desto mehr, beinahe sagenhafte Fähigkeiten wurden ihm angedichtet. Unzerstörbar soll es sein und einen Atomangriff überstehen. Der Mythos entstand allerdings durch eine Verwechslung. Zwar basiert die Netzwerk- und Paketidee auf einer Studie des Thinktanks RAND, die zum Ziel hatte, sichere Telefonverbindungen während eines Atomkriegs zu schaffen. Die Idee floss allerdings nicht in das Konzept von Arpanet und Internet ein. Der Mythos hielt sich dennoch, vor allem auch, weil das Internet als Ganzes besonders robust und widerstandsfähig ist.

Dass diese Robustheit nicht nur den Militärs nutzt, kann man im aktuellen Krieg gegen die Ukraine beobachten. Denn Russland gelingt es kaum, die Kommunikationswege zu kappen, um ausschließlich die staatliche Erzählung der "begrenzten militärischen Operation" im Nachbarland unters Volk zu bringen. Dazu kommt die unermessliche Kreativität der Nutzer, Kontakt mit dem jeweils anderen aufzunehmen. In Bewertungen von Kaffeehäusern auf Google Maps, in der Partnersuchapp Tinder oder auf TikTok.

Unverständlich ist da der Weg von Facebook, bei Hass und Gewaltaufrufen gegen die russische Regierung und ihre Streitkräfte zwecks Ausdruck der persönlichen Meinung ein Auge zuzudrücken. Der Konzern lehnt laut eigenen Angaben Russland-Phobie ab, den russischen Eindringlingen den Tod zu wünschen sei aber erlaubt.

Wenn der Krieg auch nicht der Vater aller Dinge ist, dann ist Facebook jedenfalls auf dem besten Weg, die nächste Mutter aller Schlachten zu werden.

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